Schumann's-Cup:Wortes Kraft und Barmanns Saft

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Lyriker und Dramatiker mit einer Leidenschaft für Fußball spielen beim Schumann's-Cup gegen Barmänner oder Journalisten. Das ist ganz großes Theater.

Michael Tibudd

Der Profi legt sich ins Zeug, schließlich will er nur das beste für seine Amateure. "Ich will, dass du Löcher reißt", sagt er zu einem der Amateure, die sich im Halbkreis um ihn geschart haben. Der Profi gestikuliert, deutet nach vorne, links, rechts, reißt die Augen auf, das geht nicht, beim nächsten Mal anders, so macht man das!

Profi-Trainer Hans Meyer instruiert die Fußball-Amateure Sönke Wortmann, Wolfgang Maria Bauer und Klaus Cäsar Zehrer (von rechts). (Foto: Foto: Rumpf)

Und er bringt seine Verzweiflung über Defizite der Amateure zum Ausdruck: "Manchmal seid ihr zu fünft auf einem Haufen, und da ist nur ein Gegner." Profi belehrt Amateure: Das ist ganz großes Theater.

Zumal die Amateure am Rande des Fußballfelds in der früheren Funkkaserne am Frankfurter Ring ihrerseits Profis für Theater sind, zumindest zum Teil: Es ist die Nationalmannschaft der Autoren, die sich hier Instruktionen abholt für ihr nächstes Spiel. Lyriker, Romanciers und eben Dramatiker mit einer Leidenschaft für Fußball spielen hier zusammen, Georg M. Oswald ist dabei, der Filmregisseur Sönke Wortmann und Albert Ostermaier als Torwart. Sie spielen in einem Turnier namens Schumann's Cup.

Gegner sind Teams von der gleichnamigen Bar und des Hotels Bayerischer Hof. Und auch Journalisten der Süddeutschen Zeitung haben sich zu einer Mannschaft zusammengefunden. Die Schriftsteller haben dabei einen klaren Wettbewerbsvorteil, steht ihnen doch in Hans Meyer der Feingeist des Fußballgeschäfts schlechthin und als solcher eben ein echter Profi als Trainer zur Seite.

Es ist dies eine Konstellation, die unter den Beteiligten einigen Ehrgeiz hervorruft. "Wir können gegen alle verlieren, aber nicht gegen die Autoren", sagt Daniele, Barkeeper bei Schumann's. "Sonst müssen wir uns das das ganze Jahr über anhören."

Beim Hoeneß in der Datenbank

Einige der Schriftsteller sind Stammkunden der Bar, man kennt sich. In diesem Fall fördert das vor allem die Rivalität. Jedenfalls konzentrieren sich auch die Autoren bald darauf, wenigstens das Barpersonal zu schlagen, nachdem sie trotz Hans Meyers eindringlicher Hilfe zweimal verloren haben. Und auch die Schumann's-Truppe konnte ihre scharfen Beobachtungen über andere Mannschaften ("die von der Süddeutschen sind rechts immer offen") nicht in Erfolg ummünzen.

Aber vielleicht hatte Hans Meyer mit all seinem Fachwissen einfach keine Chance, hatten sich die Autoren doch am Abend zuvor mit großer Ausdauer gegenseitig müde gelesen. Da stand Teil eins der Veranstaltung an, eine Lesung unter dem Titel "Körpertäuschung - Geschichten vom Bolzen und Balzen" im Bayerischen Hof.

Christoph Nußbaumeder greift beide Aspekte des Themas auf in seinem "kurzen Monolog vom abgehalfterten Linksverteidiger", der sich ob seiner Begabung für versteckte Fouls rühmt und nahe am großen Durchbruch schien, "ich war ja beim Hoeneß in der Datenbank", sich dann aber das Kreuzband riss und statt Bundesliga-Ruhm ein Dasein mit seiner Freundin in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Plattling fristen muss.

Echte Tragik also, wohingegen Wolfgang Maria Bauer eine Figur seines Theaterstücks ultimative Weisheiten des Fußballs sagen lässt: "Wenn der Schiri pfeift, dann war exakt so die Wahrheit." Als Bauer selbst am Tag danach wegen gröberen Foulspiels per roter Karte vom Platz fliegt, scheint er von des Schiris Weisheit zunächst nicht so überzeugt.

Moritz Rinke liest aus einem intimen Balzbrief von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich bei der Europameisterschaft 2008 in Bastian Schweinsteiger verschaut hat: "Es bewegte mich, wie Sie mir erklärten, was eine Coaching-Zone ist", schreibt die Kanzlerin. Er, Schweinsteiger, ach was, Basti, erlebe so außergewöhnliche Dinge, "und mein Mann sitzt im Zimmer und forscht." Frau Merkels Fazit: Es müsse sich etwas ändern, "du mit einem Model und ich mit einem Physiker - irgendwas stimmt da nicht".

Als "Schleimer" beschimpft

Dass irgendetwas mit seiner Karriere nicht stimmen könnte, wenn er schon wieder einen Film über Fußball machen würde, war eine Sorge von Sönke Wortmann. Bei der Lesung am Freitag macht er deswegen Werbung für sein nächstes Werk, "in dem kein Ball rollt", wenn er im Herbst in die Kinos kommt. Er offenbart dies dem ob seiner Sprachkünste geschätzten Radiokommentator Günther Koch, der als Moderator durch den Abend leitet und instinktsicher auf Themen rund um den Fußball zurückführt, wenn die Veranstaltung zu literaturlastig zu werden droht.

Von Trainer Hans Meyer muss er sich indes bald als "Schleimer" beschimpfen lassen, nachdem Koch die Schriftsteller eifrig ob ihrer fußballerischen Qualitäten gelobt hat: "Du hast sie viel besser gemacht, als sie sind."

Aber die wirklich wahre Wahrheit liegt natürlich auch bei dieser Doppelveranstaltung, wie sich das gehört, auf dem Platz, und da verteidigt das SZ-Team souverän den Titel aus dem Vorjahr vor der Mannschaft des Bayerischen Hofs.

Die Autoren aber beweisen ihr Talent für echtes Drama, als sie gegen die Rivalen von der Schumann's-Bar Platz drei ausspielen: Ein gewöhnlicher Sieg reicht ihnen nicht, es muss schon im Elfmeterschießen sein. 4:3 endet das - dem Barpersonal ist somit ein Jahr literarisch wertvoller Häme durch ihre Stammkundschaft sicher.

© SZ vom 27.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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