Schulprojekt:Kopfrechnen beim Spaziergang

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Meistens übt Bruno Reineck mit Daniel (links) Mathe. Manchmal machen die beiden aber auch einen Ausflug zusammen, etwa wenn die Noten gut sind. (Foto: Robert Haas)

Der Ehrenamtliche Bruno Reineck hilft Jugendlichen beim Sprung ins Berufsleben

Von Jakob Wetzel

Seit elf Jahren kümmern sich Ehrenamtliche in der Initiative "Sprungbrett ins Berufsleben" an der Mittelschule an der Wiesentfelser Straße in Neuaubing um Jugendliche, die vor dem Abschluss stehen. Jetzt suchen sie Verstärkung. Bruno Reineck, 69, ist einer von ihnen. Der Informatiker im Ruhestand begleitet seit drei Jahren den 15-jährigen Daniel. Für ihn geht es um mehr als nur um Nachhilfe in Mathematik.

SZ: Herr Reineck, wie motiviert man einen Schüler, der nicht weiß, was er will?

Bruno Reineck: Da hatte ich Glück, Daniel war von Anfang an motiviert und hat die Hilfe gleich angenommen. Ich weiß von Kollegen, dass das nicht immer so läuft.

Andere Jugendliche sperren sich?

Das gibt es. Wir treffen uns ja immer wöchentlich mit unseren Schützlingen. Und dann fallen diese Treffen oft einmal aus, und es kommen Ausreden. Oder die Eltern bringen Einwände vor gegen den Treffpunkt und die vereinbarte Zeit.

Wie lief es bei Ihnen?

Bei mir ging es schnell. Vor etwas mehr als zwei Jahren sprach mich eine Lehrerin an, sie hätte einen Schüler, der sei zwar zurzeit nicht unbedingt schlecht in der Schule, mache aber Probleme und habe eine herausfordernde Situation zu Hause. Es wäre ihr recht, wenn ich sofort anfangen könnte.

Sie helfen nicht nur bei der Berufswahl?

Die Lehrerin hatte wohl auch Bedenken, welchen Weg Daniel weiter geht. Aber wir zwei sind von Anfang an hervorragend miteinander ausgekommen. Unsere Treffen fallen eigentlich nie aus, wenn ich nicht gerade im Urlaub bin. Zuerst war ich ein paar Mal bei ihm, mittlerweile kommt er meistens zu mir. Wir haben schon alles Mögliche unternommen. Anfangs sind wir spazieren gegangen, ich hatte mir vorgenommen, mit ihm dabei Kopfrechnen zu üben. Als er dann sein Zeugnis hatte, das nicht so schlecht war, haben wir einen Ausflug gemacht. Wir sind an den Starnberger See gefahren und waren auch schon mehrmals in der Innenstadt. Daniel will, was absolut einmalig ist, sich sogar in den Ferien mit mir treffen. Der kommt gerne.

Sie machen nicht nur Schule.

Ich sehe das auch ein bisschen als Hilfe zum Leben. Zum Beispiel habe ich Daniel in eine Therapie geholfen, weil er starkes Übergewicht hatte; die macht er jetzt seit einem Jahr. Die Hälfte unserer Zeit mache ich aber schon Nachhilfe, hauptsächlich in Mathe. Ich habe ihm auch geholfen, einen Praktikumsplatz zu finden. Und weil Daniel im Quali einen Schnitt von 2,6 geschafft hat, darf er jetzt bis zur Fachoberschulreife weitermachen. Ich habe ihm versprochen, ihn weiter zu betreuen, weil ich denke, dass er die Unterstützung genießt.

Was will Daniel später machen?

Da sind wir dran. Er wollte etwas mit Computern machen - vielleicht auch, weil ich Informatiker bin. Gerade bringe ich ihm eine Programmiersprache bei. Aber ich hatte Zweifel wegen seiner Mathe-Schwäche, deshalb habe ich ihm angeboten, ihn etwas durchzuchecken, und ich habe ihm gesagt, dass es meiner Meinung nach keinen Sinn macht, in diese Richtung zu gehen. Was ich mir für ihn vorstellen kann, ist ein Job, bei dem er mit Beratung zu tun hat, er kann sich einfach sehr gut ausdrücken. Aber wir haben ja noch ein bisschen Zeit.

Wie sind Sie dazu gekommen, Berufspate zu werden?

Das hat im Flüchtlingsherbst 2015 angefangen. Ich habe mir auf Anfrage von Freunden einer Initiative angeschlossen, die unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreuen wollte. Aber da gab es etwas Frust: Am Ende waren 60 Helfer da und nur zwölf Flüchtlinge, und die wurden nach einigen Monaten an einen anderen Standort verlegt. Auf einer Veranstaltung, bei der andere Ehrenamtliche ihre Projekte vorstellten, haben mir dann diese Berufspatenschaften sofort imponiert. Innerhalb von wenigen Tagen hatte ich meinen Schützling.

Sie hatten keine Schulung?

Nein. Ich musste natürlich ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Und ich bin natürlich gefragt worden, was ich beruflich mache und gemacht habe. Aber sonst habe ich einfach mit Kollegen besprochen, wie das geht und wo die Probleme liegen. Wir treffen uns aber regelmäßig mit den Lehrern und erfahren so, wie es den Jugendlichen in der Schule ergeht. Und ich spreche öfter mit Daniels Mutter. Für die ist das eine echte Hilfe.

© SZ vom 08.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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