Schüler blicken in die Zukunft:Chip unter der Haut

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Blick in die Zukunft: Die Elftklässler des Oberhachinger Gymnasiums haben aufgeschrieben, wie sie sich das Leben in 25 Jahren vorstellen. (Foto: Claus Schunk)

Das neue Schüler-Leben: Von Lernprogrammen, die direkt in die Köpfe fließen, bis hin zu Maggie, der besten aller Mikrowellen. Ein Blick in die Zukunft.

Von Sarah Sellak

Es ist der 6. Mai 2042. Nachdem ich durch das Schrillen meines Handys aufgewacht bin, gehe ich unter die Dusche und schaue mir dank wasserfesten Handys den neuen Trailer vom 30. James Bond-Film mit exklusivem Interview des Hauptdarstellers Jaden Smith an. Ein gewisser Will Smith, der Vater des Schauspielers, war anscheinend vor langer Zeit auch mal sehr berühmt. Nach Abföhnen meines Körpers durch einen in die Dusche integrierten Trockner ziehe ich meine Schuluniform an und packe mein Tablet ein. Beim Verlassen des Hauses drücke ich die Tür hinter mir zu und halte mein Handgelenk vor den Knauf. Es klackt, dann klackt es noch einmal und die Tür ist verschlossen. Dieser Chip unter der Haut am Handgelenk lohnt sich wirklich, denn ich kann damit alles abschließen, öffnen und bezahlen. Der Wahnsinn!

Selbst das Fahrradschloss funktioniert nach diesem Prinzip: Das Gewinde dreht sich durch den Chip und mein Fahrrad ist frei. Ich setze mich auf den bequemen Schalensitz und lasse mich vom automatischen E-Bike zur Schule fahren. An mir ziehen nur selbstfahrende E-Autos vorbei. Auf dem riesigen Campus, mittlerweile der Pausenhof für sowohl Gymnasium, Real- als auch Mittelschule, halte ich das Rad per Funkspruch an und steige ab. Im Augenwinkel sehe ich beim Weggehen, dass sich mein Fahrrad gerade selbst in die Garage der Schule fährt.

Nach Betreten des hohen Gebäudes nehme ich den Aufzug in den 20. Stock. Als ich mich in meinem gemütlichen Sessel niederlasse, fährt der Beamer in meinem Klassengroßraum hoch und das Bild meiner Deutschlehrerin erscheint auf einer Leinwand. Die Klasse von knapp 15 Schülern wird sofort leise. Wir legen unsere Gedächtnis-Adaptoren an und spüren in einer ruhigen Atmosphäre das Lernprogramm in unsere Köpfe fließen.

Nach Schulschluss treffe ich mich mit meinen Freunden an der Schwebe-Bahn. Wir loggen uns mit unseren Chips ein und die Türen öffnen sich. Während wir den Bahnhof verlassen, hängt sich die Bahn in glitzernde Seile ein. Nach kurzer Fahrt von meinem Heimatort Oberhaching in die Innenstadt entscheiden wir uns für ein afghanisches Restaurant. Die Speisekarte wird auf den Tisch projiziert. Bestellungen laufen per Touchscreen, bezahlt wird direkt im Anschluss mit unserem Chip.

Abends muss ich mich ein wenig in das Programm für meine Abiturprüfungen einloggen. Wenn ich die Prüfung schaffe, endet meine Schulzeit und ich beginne direkt zu Hause mein Studium. Um 20.30 Uhr bin ich fertig und will noch etwas essen. Auf meinem Handy tippe ich meine gewünschte Speise ein: Spaghetti Marrakesch. Der Kühlschrank öffnet sich und die kalten Spaghetti werden sofort per Mini-Aufzug in die Mikrowelle gefahren. Nach ein paar Sekunden springt die Tür der Mikrowelle auf und ich kann mit dem Essen beginnen. Es schmeckt super, wie von Mama frisch gekocht. Maggie ist immer noch das Beste.

Anschließend putze ich mir mit meiner individuell programmierten High-Tech-Zahnbürste von Oral C die Zähne. Gegen 22 Uhr lege ich mich ins Bett und fahre mit der passenden App auf meinem Smartphone meinen Fernseher aus der Decke, sodass ich einen perfekten Blickwinkel habe. Je nach Programm schlafe ich früher oder später ein. Wie immer erkennt der Scanner am Fuß des TVs, wenn meine Augen geschlossen sind, und schaltet sich daraufhin automatisch ab. Ich murmle noch ein kleines "Licht aus" und schlafe wunderbar im Dunkeln ein.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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