Schreibwerkstätten für Kinder:Anleitung für junge Autoren

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Noch bis 20. Februar können sich junge Autoren um den 16. Münchner Kinder-Krimipreis bewerben. In Workshops lernen sie, aus Tätern, Ermittlern und Verbrechen eine packende Story zu konstruieren

Von Barbara Hordych

Schon der Name einer Figur kann einen entscheidenden Hinweis liefern. "Die trickreiche Tina" heißt beispielsweise die geschickte Diebin, Titelheldin eines kleinen Hörspiels, das Geli Schmaus und ihre Kollegin Silke Schetelig in der Bibliothek des Literaturhauses ihrem Publikum vorspielen. Das besteht an diesem Samstagvormittag aus zwölf Nachwuchsautoren im Alter von zehn und elf Jahren, die in einer Schreibwerkstatt im Vorfeld des Münchner Kinder-Krimi-Preises erfahren wollen, wie das geht: einen spannenden und schlüssigen Kriminalfall zu entwickeln, den sie später in Eigenregie fertigstellen und idealerweise beim Krimi-Schreibwettbewerb einreichen wollen - Einsendeschluss ist der 20. Februar.

Im Fall der "trickreichen Tina" hat die Ich-Erzählerin, ein junges Mädchen, beobachtet, wie die Protagonistin in einem Kaufhaus Parfümfläschchen in ihrer Einkaufstasche verschwinden lässt. Doch als der von der Zeugin alarmierte Kaufhausdetektiv sie später auf der Straße stellt, ist die Beute verschwunden. Entweder also hat sich die Erzählerin geirrt - oder aber die Diebin hat einen Partner, dem sie ihre Beute im Zuge ihrer weiteren Einkaufstour durch verschiedene Läden unbemerkt übergeben hat. Wo könnte das gewesen sein?

Nachwuchsautorin Olivia greift zur Pistole und denkt an einen Entführungsfall: "Eine Frau kidnappt ein Baby, weil ihr eigenes gestorben ist". (Foto: Johannes Simon)

Die Finger der jungen Schreiber schnellen nach oben, jeder äußert seine Vermutungen. Und die Lösung ist erstaunlich rasch gefunden. Die Beute muss beim Bäcker deponiert sein, denn dessen Geschäft suchte Tina noch einmal auf, obwohl sie bereits ein Baguette in ihrer Tasche hatte. "Ihr habt super hingehört und mitgedacht", lobt denn auch Geli Schmaus. Und fordert jede der Spürnasen auf, für sich selber eine detektivische Eigenschaft, passend zum Namen, zu suchen. So kommt es zur "mutigen Miriam", zum "flinken Florian", zur "jagenden Julia" und zum "plumpen Paul". Plump als hervorstechende detektivische Eigenschaft? "Doch ja", beharrt der junge Schreiber. "Ich bin halt eher der Beobachter, der ruhig auf einer Bank sitzen bleibt, während die anderen weiterrennen. Dafür kriege ich mit, was denen entgeht." Anerkennendes Kopfnicken ringsum, ja, das scheint einleuchtend.

Als dann in einer nächsten Runde Verbrechensarten gesammelt werden, kommen die beiden Schreibcoaches mit dem Notieren auf einer großen Tafel kaum nach: Diebstahl, Mord, versuchte Tötung, Entführung, Körperverletzung, Betrug, Überfall, Brandstiftung, Sachbeschädigung, Drogenverkauf, Schmuggel, Erpressung, Hausfriedensbruch, Urkundenfälschung und illegale Tierversuche prasseln auf sie ein. "So eine lange Liste hatten wir noch nie", bilanziert die Buchwissenschaftlerin Silke Schetelig, die schon seit Jahren die Krimi-Schreibwerkstätten für "Kultur & Spielraum" organisiert und betreut.

Der Krimi-Koffer liefert Inspiration. (Foto: Johannes Simon)

Ihre Kollegin, die Journalistin Geli Schmaus, die auch in diesem Jahr wieder die Preisverleihung im Literaturhaus moderieren und die Umsetzung des Gewinnerkrimis als BR-Hörspiel betreuen wird, malt unterdessen einen "Krimibaukasten" an die Tafel. Dessen Schubladen sind - noch - leer. Welche Zutaten gehören dort wohl hinein? Die jungen Autoren haben die wesentlichen Ingredienzien schnell zusammengetragen: Tat und Täter, Tatort und Tatzeit, Opfer und Detektiv oder Ermittler, Spuren und Beweise, Zeugen und, ganz wichtig, das Motiv. "Gut ist es immer, wenn ihr ein Umfeld wählt, in dem ihr euch auskennt", erklärt Geli Schmaus. Sie erinnert sich an einen Krimi, in dem es um verschwundene Legosteine in einem Hort ging. "Der las sich super spannend, weil der Verfasser die Einrichtung und die Abläufe dort sehr gut kannte", sagt Schmaus. Entscheide man sich für eine Verbrechensart, sei es von Vorteil, wenn man einen Fachmann dazu befragen könne. "Geht es beispielsweise um illegale Tierversuche, ist es natürlich gut, wenn man Eltern hat oder Bekannte, die Ärzte sind oder in einem Labor arbeiten." Denn beim Krimi stünden Glaubwürdigkeit und Logik ganz oben an, sonst bestehe die Gefahr, dass die Leser "aussteigen".

Bei der Theorie soll es an diesem Tag freilich nicht bleiben, schließlich wollen die Teilnehmer ihre eigenen Fälle entwickeln. Als Inspirationsquelle steht eine Kiste mit einschlägigen Gegenständen wie Handschellen, Pistole, Kamera, Vorhängeschloss, einem alten Schwarz-Weiß-Foto und Spurensets bereit. Olivia schnappt sich die Pistole, Paul die Handschellen, Julia das Foto. "Das ist eine alte Oma, die ausgeraubt wird, weil sie jemanden enterbt hat", sagt sie. "Vielleicht ist der Täter ihr Enkel, er ist spielsüchtig und deshalb wollte ihm die Oma das Geld nicht geben?", schlägt Paul spontan vor. Nach einem lebhaften Ideenaustausch setzen sich die Jung-Kriminalisten nach der Mittagspause an die Tische, um sich in den nächsten Stunden ihren Fällen zu widmen. "Erfahrungsgemäß reicht etwa die Hälfte der Teilnehmer einer Schreibwerkstatt später eine Geschichte zum Krimipreis ein", sagt Geli Schmaus. Mitunter begegnet ihr bei der Preisverleihung, die heuer für den 21. März angesetzt ist, einer "ihrer" Teilnehmer wieder. Wer weiß, vielleicht sind ja auch die Oma und ihr spielsüchtiger Enkel dabei.

Einfälle werden gleich notiert. (Foto: Johannes Simon)

Krimi-Schreibwerkstätten , von 9 Jahren an: Freitag, 2. und Samstag, 3. Februar, 15 bis 18 Uhr, Pasinger Fabrik. Samstag, 3. Februar, 11 bis 16.30 Uhr, Seidlvilla, Programm unter: www.kulturundspielraum.de oder anmeldung@kulturundspielraum.de

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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