Schrannenhalle:Baustelle treibt Händler in den Ruin

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Geschäftsleute in der Blumenstraße beklagen: Straßensperrung und trister Bauzaun schrecken Kundschaft ab.

Astrid Becker

(SZ vom 30.4.2001) - Nach den Händlern vom Viktualienmarkt haben jetzt auch die Geschäftsleute aus der Blumenstraße scharfe Kritik an der Stadt und am Schrannenhallen-Investor, der Deutschen Beamtenvorsorge Immobilienholding AG geübt.

Entwurf der neuen Schrannenhalle (Foto: Bild: Archiv)

Weil sich der geplante Wiederaufbau der historischen Markthalle immer wieder verzögert, fürchten die Inhaber der anliegenden Geschäfte um ihre Existenz.

Reisebüro hat aufgegeben

Ein Reisebüro hat bereits aufgegeben: Am Montag schließt es für immer seine Pforten.

"Ich kann von meinem Laden nicht mehr leben, ich habe in der Zwischenzeit so viele Verluste gemacht, dass ich nicht einmal mehr meine Münchner Wohnung bezahlen kann", sagt beispielsweise Sonja Dickertmann.

Die junge Frau mit den dunkelbraunen Haaren hat sich erst vor knapp drei Jahren selbstständig gemacht. Seither verkauft sie in ihrem Geschäft mit Blick auf den Bauzaun an der Freibank Textilien aus reinen Naturfasern.

Gerade hier, an der Blumenstraße, in unmittelbarer Nähe zum Viktualienmarkt, so dachte sie, gebe es genug Kunden, die "bewusst einkaufen".

Investor wimmelt ab

Die habe es auch gegeben, erzählt sie ebenso wie auch andere Geschäftsleute aus der Blumenstraße.

Sie alle sind sich einig: Seit im vergangenen Jahr die Fernwärmeleitungen für den Wiederaufbau der Schranne verlegt wurden, blieben auch die Kunden aus. "Die Straße war monatelang gesperrt, da hat sich niemand mehr bis zu uns hin verirrt."

Abschreckender Bauzaun

Und auch jetzt wirke der Bauzaun rund um das Grundstück, auf dem die Halle erstehen soll, immer noch abschreckend. Am meisten verärgert sind die Geschäftsleute jedoch über die mangelnde Informationspolitik von Stadt und Investor.

"Die haben es nicht einmal für nötig gefunden, uns die Dauer der Straßensperrung mitzuteilen, oder einfach nur mit uns mal zu reden," sagt Dickertmann.

Selbst über das Thema Bauzeit sei geschwiegen worden. Dass die Halle frühestens 2003 fertiggestellt sein würde, wollen sie nur aus der Presse erfahren haben.

"Wenn man dann selbst um Informationen bittet, verweist die Stadt auf den Investor, und der wimmelt einen ab."

Nichts passiert

Ähnliches weiß auch der Geschäftsführer des Geschenkeladens "Yossy" zu berichten: "Wir werden systematisch kaputtgemacht, niemand denkt hier an uns kleine Leute."

Als er vor drei Jahren seinen Laden bezog, setzte er auf den Anziehungspunkt "Schrannenhalle". Dafür nehme man ein bis eineinhalb Jahre Bauzeit schon in Kauf. Doch nun sei seit zwei Jahren "so gut wie nix passiert."

Und selbst wenn nun endlich mit dem Bau begonnen würde: "Noch eineinhalb oder zwei Jahre mit weniger Kunden zu überleben, geht wahrscheinlich nicht." Vor allem, weil er mit der Fertigstellung der Schrannenhalle zudem auch noch mit einer saftigen Mieterhöhung rechnen müsse:

"Das hat der Hauseigentümer schon angekündigt - und wir sind es dann, die erst Umsatzeinbußen verkraften und dann auch noch mehr investieren müssen."

Keine Hilfe von der Stadt

Von Stadt oder Investor sei hier keinerlei Hilfe zu erwarten. Deshalb werde es "Yossy" wahrscheinlich bald nicht mehr geben.

Bei "Wikinger" ist diese Entscheidung längst gefallen. Das Reisebüro in der Blumenstraße schließt am Montag. Die Miete zu hoch, die Bausubstanz im eigenen Haus zu schlecht und dann noch eine Baustelle vor der Tür - das ist selbst für ein florierendes Unternehmen zu viel.

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