Schlaganfall am Steuer:Auto rast über Gehsteig - ein Fußgänger stirbt

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Eine Passantin wird 50 Meter weit mitgeschleift und überlebt schwer verletzt - der Fahrer kommt auf die Intensivstation.

Susi Wimmer

Ein 73-jähriger Rentner aus München ist gestern nach einem Schlaganfall mit seinem Wagen auf den Gehsteig der Albert-Roßhaupter-Straße gerast und hat zwei Fußgänger erfasst. Ein 23-jähriger Münchner erlag kurz nach dem Unfall seinen schweren Verletzungen. Eine 38-jährige Münchnerin wurde gut 50 Meter mitgeschleift und überlebte schwer verletzt.

Erst nach der Bahnunterführung kam der total demolierte Mercedes des Verursachers zum Stehen. (Foto: Foto: SZ/Hess)

Zwischen der Passauerstraße und dem U-Bahn-Zugang Harras an der Bahnunterführung sind rot-weiße Flatterleinen über die Albert-Roßhaupter-Straße gespannt. Betreten verboten. Polizeibeamte schirmen den gesperrten Bereich ab, verweisen die Bürger mit knappen Worten auf den Gehsteig stadtauswärts.

Passanten bleiben neugierig stehen, einige entdecken den demolierten silbernen Mercedes, der auf den stillgelegten Gleisen auf dem Mittelstreifen zwischen zwei geparkten Autos steht: die Windschutzscheibe zerborsten, die Stoßstangen abgerissen, verschiedenfarbige Schleifspuren an den Seiten. Mit diesem Wagen hatte kurz zuvor ein 73-Jähriger aus Großhadern drei Autos gerammt und zwei Menschen überfahren.

Schlaganfall während der Fahrt

Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen davon aus, dass der Rentner am Steuer seines Wagens einen Schlaganfall erlitten hat. Um kurz nach 9 Uhr war der Mann gestern auf der Albert-Roßhaupter-Straße stadteinwärts unterwegs gewesen. An der Kreuzung zur Passauerstraße muss das Unglück seinen Lauf genommen haben: Dort touchiert er den ersten Wagen, fährt dann bei Grünlicht geradeaus weiter, rammt direkt hinter der Kreuzung ein weiteres Fahrzeug und gerät auf den Gehsteig.

Vor einem Handyladen, auf Höhe der Hausnummer 17, erfasst der Wagen dann die zwei Passanten. Der 23-jährige Münchner, der ganz in der Nähe wohnt und vermutlich auf dem Weg zur U-Bahn war, wird offenbar frontal erfasst und lebensgefährlich verletzt. Eine 38-jährige Frau aus München wird von dem Mercedes etwa 50 Meter mitgeschleift und bleibt dann auf der Straße liegen. Nach Angaben der Berufsfeuerwehr erlitt sie eine Sprunggelenksfraktur.

Tödliche Verletzung

Der junge Mann wird so schwer verletzt, dass er noch auf der Straße vor dem Handyladen einen Herzstillstand erleidet. Er kann von einem Notarzt reanimiert werden, stirbt aber kurz nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus.

Genau dort, wo der Fußweg zur Marbachstraße abgeht, prallt der silberne Unfallwagen schließlich gegen einen roten Mercedes, ehe er nach links in die parkenden Autos auf die stillgelegten Straßenbahngleise rast. Insgesamt elf Fahrzeuge hat der Unfallwagen während der führerlosen Fahrt gerammt.

Der 73-Jährige überlebt und wird auf die Intensivstation einer Münchner Klinik gebracht. ,,Der Mann hat gezittert, er hatte eine Schnittverletzungen an der Hand und etwas verwirrt in der Gegend herumgeschaut'', erzählt eine junge Frau. Sie war gerade in der Bäckerei gegenüber, als sie das laute Krachen hörte und den silbernen Mercedes auf die Gleise schießen sah.

Die Frau arbeitet in einem Friseurladen an der Albert-Roßhaupter-Straße und ist immer noch geschockt. ,,Wir waren auch bei dem schwer verletzten jungen Mann'', sagt sie. Er sei auf der Straße gelegen, habe stark aus Mund und Ohren geblutet. Dann rannte sie schnell zum Friseurgeschäft und alarmierte die Polizei. ,,Ich habe nur noch gezittert und geweint'', sagt sie. Ein paar Meter weiter vor der Unfallstelle steht eine weitere Zeugin.

Die junge Frau zieht nervös an einer Zigarette, ihre Hand zittert, das Gesicht zwischen den strähnigen, blonden Haaren ist bleich. Die Polizei befragt sie gerade zum Unfallhergang. Sie hat an diesem Morgen mitansehen müssen, wie ein Mensch überfahren und ein anderer von einem Auto mitgeschleift wurde.

Verkehrschaos

Mit kurzen Handbewegungen malt eine Polizeibeamtin gelbe Rechtecke auf die abgesperrte Straße. Direkt vor dem Handyladen steht ein brauner Damenschuh. Er gehört der 38-jährige Frau. Sie muss ihn bei dem Zusammenstoß verloren haben, bevor sie vom Auto mitgerissen wurde. Auf der Straße liegt eine zertrümmerte Herrenuhr, daneben eine hellrote Blutlache. Einen halben Meter davor Schleifspuren, die ebenfalls gelb markiert sind.

Ein Gutachter ist am Unfallort, und versucht das Geschehen zu rekonstruieren. Beamte des Unfallkommandos sind auf Spurensuche: Schleifspuren von Schuhen oder Kleidung etwa, von Autoteilen oder Reifen. Der grau-blaue Abrieb auf dem Asphalt etwa wird untersucht, gesichert und zum Landeskriminalamt geschickt. Dort kann bestimmt werden, woher die Spur stammt.

Bis 12.20 Uhr bleibt die Albert-Roßhaupter-Straße stadteinwärts gesperrt. Auf der Passauer Straße und sämtlichen Nebenstrecken kommt es zu erheblichen Behinderungen, ein Fehlalarm im Trappentreutunnel, ein Auffahrunfall auf der Donnersberger Brücke sowie eine vorübergehende Sperrung des Petueltunnels führen an diesem Tag zu einem Verkehrschaos.

© SZ vom 19.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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