Schenk-Kreise:"Die machen Gehirnwäsche mit Dir"

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Schenk-Kreise sind populär wie nie, doch fast alle Teilnehmer zahlen drauf - ein BGH-Urteil hilft, wieder an sein Geld zu kommen.

Tobias Matern

Die Dame, die im mintgrünen Blazer auf der Bühne steht, ist aufgeregt. Sie holt tief Luft, bevor sie dem Moderator antworten kann, ob sie sich freut. "Jaaa", sagt sie langgezogen. Und dann: "Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich heute beschenkt haben." Sie hält einen Umschlag in der Hand, darin sind 80 000 Euro. Der Saal tobt, 600 Menschen klatschen begeistert. Der Mann mit dem Mikro grinst.

Es ist einer von vielen Sonntagen am Nockherberg. Am Eingang kontrollieren Türsteher den Stempel. Herein kommt nur, wer eine Einladung hat. "Zukunftsprojekt Deutschland" nennt sich das Ganze. Das Licht ist gedämpft.

Der Traum vom Geld

Die Herren tragen Anzug mit Krawatte, die Damen bunte Kleider. An den Wänden hängen Schilder. Darauf sind Kreise, in die Vornamen gekritzelt sind. Darüber stehen Städtenamen. Jede Stadt repräsentiert einen sogenannten Chart. Jeder Chart steht für den Traum vom großen Geld. Den haben hier alle.

Der Moderator ist ein junger Mann mit Pferdeschwanz. Es fällt ihm leicht, die Leute für eine Idee zu überzeugen, die vom Bundesgerichtshof (BGH) als "sittenwidrig" eingestuft wurde. Er erklärt das Prinzip der vermeintlich wundersamen Geldvermehrung: Es ist das Prinzip eines Schenkkreises, auch wenn er diesen Begriff nicht in den Mund nimmt.

Und er spricht auch nicht davon, dass es wesentlich mehr Verlierer als Gewinner gibt. "Es gibt Gerichtsurteile, die das auch anders beurteilen", sagt ein zweiter Moderator nach einer Veranstaltung.

Ein Schenkkreis funktioniert nach dem Schneeballprinzip. Es ist eine auf dem Kopf stehende Pyramide. Acht Menschen übergeben dem an erster Position Stehenden 10 000 Euro, dann teilt sich die Pyramide. Die verbleibenden Teilnehmer rutschen eine Reihe nach unten, müssen neue Mitspieler anwerben, die ihr Geld einbringen.

90 Prozent der Teilnehmer gehen leer aus

Da es sich um Schenkungen handelt, ist es steuerfrei. Doch bevor es zu einer Schenkung kommt, brechen solche Kreise oft zusammen. Schon nach wenigen Runden müssten Tausende neue Teilnehmer zum Mitmachen animiert werden. Im Urteil des BGH heißt es, die Schenkkreise seien anstößig, weil die große Masse der Teilnehmer ihren Einsatz verliert, während die Veranstalter meist sichere Gewinne einfahren.

Dennoch erfreuen sich Schenkkreise immer größerer Beliebtheit, obgleich nach Berechnungen von Mathematikern fast 90 Prozent der Teilnehmer leer ausgehen. In diesen Rechnungen seien etliche Faktoren nicht berücksichtigt, kontert der Moderator des Zukunftsprojekts.

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