Schauspielerfamilie:Cut

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Florian Brückner weiß, dass so etwas wie die Karriere seines Bruders eine Ausnahme ist und der Beruf Licht- und Schattenseiten hat. Deshalb machte er damals die Ausbildung zum Rettungsassistenten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Florian Brückner rettet als Notfallsanitäter Menschenleben. Wenn er dreht, geht für eine Hauptrolle schon mal der Jahresurlaub drauf

Von Josef Grübl

Die Frage kommt immer wieder einmal, meistens aber zum falschen Zeitpunkt: "Kenne ich Sie nicht irgendwoher? Sie waren doch erst im Fernsehen", hört er dann, ausgerechnet bei der Arbeit. Florian Brückner ist Notfallsanitäter beim Roten Kreuz; er kommt also genau in jenen Momenten vorbei, in denen ein kleiner Ratsch eher ungünstig ist. Was aber nicht heißt, dass die Leute, die ihn zu erkennen glauben, nicht recht hätten: Der Mittdreißiger hat zwei Jobs - wenn er nicht gerade mit dem Rettungswagen zu Notfällen in und um Rosenheim eilt, steht er vor der Kamera oder auf der Bühne. Sani und Schauspieler, wie geht das zusammen?

Sehr gut, findet er, das sei halt alles eine Frage der Abstimmung. Dass diese auch mal daneben gehen kann, zeigt sich beim Interviewtermin in einem Schwabinger Café: Brückner hat gerade besonders viel um die Ohren, vor einigen Monaten ist er Vater geworden, er baut ein Haus, nebenbei hat er mit seiner Blaskapelle, den Jungen Riederinger Musikanten, eine CD aufgenommen. Und dann stand in letzter Zeit auch noch eine berufliche Fortbildung an, inklusive Prüfungen. Da kann man so eine Verabredung mit dem Zeitungsmenschen schon mal vergessen. Beim zweiten Mal erscheint er dann gut gelaunt und überpünktlich: ein junger Mann mit stechend blauen Augen und sportlicher Figur, die blonden Haare bedeckt er mit einer Mütze.

Brückner ist gebürtiger Münchner, aber südöstlich von Rosenheim aufgewachsen, in der Gemeinde Riedering am Simssee. Er hat sieben Geschwister, einige arbeiten wie er nebenbei als Schauspieler und Musiker. Der bekannteste von ihnen ist der einzige Vollzeitschauspieler in der Familie: Maximilian Brückner ist Filmstar und war jüngster "Tatort"-Kommissar der Republik, erst Anfang des Jahres hatte er wieder eine Premiere am Münchner Volkstheater, als "Baumeister Solness". Vor Kurzem war er in der BR-Serie "Hindafing" als korrupter Bürgermeister zu sehen.

"Der Maxi hat eine unglaubliche Disziplin", erzählt Florian Brückner stolz. Der Maxi ist auch sein berufliches Vorbild - und zwar in beiden Sparten, in denen Florian arbeitet: "Das will ich auch", denkt er sich als Jugendlicher, als der fünf Jahre ältere Bruder Zivildienst macht bei den Maltesern in Rosenheim. So kommt er auf die Sani-Idee; er will aber auch schauspielern, so wie Maximilian, der anschließend in München an der Otto-Falckenberg-Schule studiert. Dort lernt dieser Christian Stückl kennen, der damals neue Intendant des Volkstheaters holt ihn an sein Haus - und die Jungen Riederinger Musikanten, bei denen mehrere Brückner-Geschwister mitspielen, holt er mit.

So kommt es, dass Florian schon als Teenager Theaterluft schnuppert. Als Maximilian im Jahr 2002 wegen des Schauspielstudiums eine Rolle im Fernsehfilm "Der Tod ist kein Beweis" angeboten bekommt und nicht annehmen kann, übernimmt sein Bruder auch diese. Von da an ist sein Ehrgeiz geweckt, er bewirbt sich an der Falckenberg-Schule und wird auch angenommen. Er bleibt allerdings nicht lange. "Nach ein paar Monaten habe ich wieder aufgehört", sagt er, während des Schauspiel-Studiums hätte er nicht spielen dürfen, die Schule sei da streng. Ihn aber zieht es auf die Bühne und ans Filmset - so wie seinen älteren Bruder, der nach dem Studium einen Traumstart hinlegt und bald deutschlandweit bekannt ist.

Doch Florian weiß, dass so etwas eine Ausnahme ist und der Beruf Licht- und Schattenseiten hat, bei den meisten Schauspielern überwiegt der Schatten. Also setzt er auf ein zweites Standbein, macht die Rettungsassistenten-Ausbildung in Kempten und spielt nur noch nebenbei. Sicherheit sei ihm wichtig, sagt er, außerdem funktioniere es ja auch auf diesem Weg. Seit 13 Jahren geht es schon so; so gut sogar, dass er die Stelle beim Roten Kreuz auf 75 Prozent reduziert hat. "Ich habe verständnisvolle Kollegen", erzählt er, "und da wir in Schichten arbeiten, bin ich recht flexibel." Er spielt in mehreren Filmen von Marcus H. Rosenmüller mit, der "Räuber Kneißl" wird sogar ein richtiger Familienfilm, mit Maximilian, Florian, Isabella und Franz Xaver Brückner.

Mit dem russischen Spielfilm "Faust", der in Tschechien und Island gedreht wird und 2011 den Goldenen Löwen in Venedig gewinnt, sammelt Florian internationale Erfahrung, im selben Jahr ergattert er auch die Hauptrolle in der bayerischen Öko-Komödie "Was weg is, is weg". Da ist auch wieder Maximilian mit von der Partie, wieder einmal spielen die beiden Brüder. Auf die naheliegende Frage, ob es in der Branche einen Brückner-Bruder-Bonus gebe, antwortet Florian vorsichtig: "Das kann ich nicht sagen, wir haben ja doch sehr unterschiedliche Sachen gemacht." Maximilian ist da nicht ganz so zurückhaltend, in einem Interview zum Kinostart des Films lobte er damals den kleinen Bruder überschwänglich: "Bei ihm gibt es keine Befindlichkeiten und auch keine Hemmungen, wir verstehen uns einfach super." Also setzen sie die gemeinsamen Projekte fort: Im vergangenen Winter standen sie wieder als Brüderpaar vor der Kamera, dieses Mal für die Fortsetzung des Fernsehmehrteilers "Tannbach".

Auch im Theater arbeiten sie zusammen: Beim Dauerbrenner "Brandner Kasper", den spielen sie schon seit zwölf Jahren, in mehr als fünfhundert Aufführungen, stets vor ausverkauftem Haus. Aber auch bei der Ludwig-Thoma-Adaption "Magdalena", bei der Maximilian Regie führte und Florian die Hauptrolle spielte, einen Stricher im roten Kleid, mit Perücke und Lackschuhen. "Dafür ist mein ganzer Jahresurlaub draufgegangen", erzählt er lachend. Nächstes Jahr steht wieder ein Stück am Volkstheater an, Genaueres kann er noch nicht sagen. Nur, dass er im Anschluss an das Gespräch im Volkstheater und bei seiner Agentur vorbeischauen will, so ein München-Trip will schließlich gut genutzt sein. Bei Florian Brückner ist immer viel los, einen großen Vorteil habe seine berufliche Situation aber. "Ich muss zum Glück nicht jede Rolle annehmen", sagt er und grinst. Und wie ist das jetzt eigentlich mit den Leuten, die ihn im Rettungswagen erkennen? "Da habe ich mittlerweile einen guten Trick drauf", sagt er. "Ich sag dann immer: Da müssen Sie mich mit meinem Bruder verwechseln."

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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