Schadenersatzprozess:Schlagloch ruiniert Felgen

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Gericht empfiehlt Autofahrer und Stadt, den Schaden zu teilen

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Aubing, dem westlichsten Stadtteil Münchens, ist seine dörfliche Herkunft noch anzumerken, gerade auch beim Zustand so mancher Nebenstraße. Zahllose Teerflicken auf den Fahrbahnen zeigen, dass Schlaglöcher durchaus an der Tagesordnung sind. Muss die Stadtkasse haften, wenn ein Autofahrer hier in finsterer Nacht in einem solchen Loch Reifen und Felgen ruiniert? Nach Einschätzung der Amtshaftungskammer am Landgericht München I trifft die Schuld voraussichtlich beide Seiten gleichermaßen. Im Falle eines Autofahrers, der genau wegen solch einer Panne das Baureferat verklagt hat, schlägt das Gericht deshalb vor, sich den Schaden fifty-fifty zu teilen.

Es war eine stockdunkle Oktobernacht 2014. Mit seinem BMW 335 d Touring fuhr ein Mann aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck über die Straße "Am Langwieder Bach". Nach eigenen Angaben hatte er seinen 286-PS-Kombi bereits auf 35 Stundenkilometer abgebremst, da er direkt auf eine Tempo-30-Zone zufuhr. Weil auf der schmalen Straße ein Wagen entgegen kam, steuerte er sein 50 000-Euro-Gefährt weit an den rechten Fahrbahnrand.

Dort krachte der BMW in ein etwa 15 Zentimeter tiefes Schlagloch, 40 mal 80 Zentimeter in den Ausmaßen. Da es mit Wasser gefüllt war, hatte der Fahrer das Loch nicht erkennen können. Die Reifen und Felgen auf der rechten Seite des 3er Touring hatten danach nur noch Schrottwert. Den Materialschaden gibt der klagende BMW-Fahrer vor Gericht mit 1630 Euro an, dazu kommen 250 Euro Wertminderung, 315 Euro für das Gutachten eines Auto-Sachverständigen. Zusammen mit einigen weiteren Nebenkosten verlangt er von der Stadt 2300 Euro Schadensersatz.

Das Baureferat sagt, dass jedermann den schlechten Zustand der Fahrbahn mühelos erkennen könne - entsprechend müsse man seine Fahrweise darauf einstellen. Im Übrigen seien erst im Monat zuvor zahlreiche Schlaglöcher "verfüllt" worden. "Am Langwieder Bach" sei eine untergeordnete Straße der Unterhaltsklasse III, die lediglich alle sechs Wochen auf Schäden kontrolliert werde.

Das Gericht sieht jedoch etliche offene Fragen: Kann solch ein Schlagloch quasi über Nacht entstehen; sind Schäden überhaupt in diesem Bereich damals ausgebessert worden? Aber es fragt sich auch, ob angesichts der geschilderten Situation Tempo 35 nicht schon zu schnell gewesen sei. Und es äußerte auch gewisse Zweifel, ob ein Mann mit einem so stark motorisierten Auto auf dieser abgelegenen Straße in Wirklichkeit nicht womöglich schneller gefahren sei.

All das seien Fragen, die von Sachverständigen zu klären seien, falls beide Seiten bis zu einem endgültigen Urteil vor Gericht streiten wollten. Allein das würde wenigstens 4000 bis 5000 Euro kosten, rechnete das Gericht den Beteiligten vor. Man sehe auf jeden Fall eine Mitschuld beim klagenden Fahrer. Aber "eine gewisse Verkehrssicherungspflicht bei der Stadt sehen wir auch", sagte der Vorsitzende. Das Prozessrisiko für beide Seiten sieht die Kammer derzeit gleichmäßig verteilt. Deshalb schlägt das Gericht vor, sich ungeachtet von Nebenkosten auf den zweifelsfrei angefallenen Schaden von etwa 2000 Euro zu konzentrieren - und den halbe-halbe zu teilen. Beide Seiten haben nur drei Wochen Bedenkzeit. Sollte der Kompromiss scheitern wird das Verfahren fortgesetzt.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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