Saubere Luft:Verfahrenes Verfahren

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Der Weg zu reinerer Luft in München führt vorerst vermutlich nicht über Fahrverbote

Es ist die letzte Instanz: Innerhalb der nächsten zwei Wochen will der Bayerische Verwaltungsgerichtshof abschließend darüber entscheiden, ob Freistaat und Stadt ein schon 2012 gefälltes Urteil des Verwaltungsgerichts umsetzen müssen. Danach müssen sie alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um die Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid einhalten zu können. Der Vorsitzende Richter Rainer Schenk hat bei der Verhandlung am Donnerstag seine Tendenz angedeutet. Ja, das Urteil müsse umgesetzt werden, sonst gebe es ein Zwangsgeld. Für den Kläger, die Deutsche Umwelthilfe, ging es um viel an diesem Tag. Denn es werde "entscheidend darum gehen, ob Diesel-Fahrverbote umgesetzt werden müssen". Die SZ klärt wichtige Fragen in dem komplexen Thema.

Stehen demnächst Fahrverbote für Dieselautos an?

Richter Schenk hat aus seiner Sympathie für ein solches Zufahrts-Veto kein Geheimnis gemacht. Bereits zu Beginn der Verhandlung erklärte er, der Einstieg in Verkehrsverbote dürfte "geschuldet" sein, um die Grenzwerte endlich einhalten zu können. Dass sie ernst genommen werden müssen, steht für das Gericht außer Frage, Europa sei nicht nur eine Werte-, sondern auch eine Grenzwertegemeinschaft. Allerdings gelangte das Gericht im Laufe des Verhandlungstages zu der Erkenntnis, dass es beachtliche juristische Hürden gebe, die eine sofortige Aufnahme von Fahrverboten in den Luftreinhalteplan schwierig machen. Das spricht gegen eine sofortige Anordnung durch den Verwaltungsgerichtshof - da der abschließende Beschluss noch nicht vorliegt, handelt es sich aber lediglich um eine Art Wasserstandsmeldung aus dem Gerichtssaal. Die Umwelthilfe hatte sich erhofft, dass das Gericht zumindest die Zulässigkeit von Fahrverboten bestätigt. Die Anwälte von Freistaat und Stadt argumentieren jedoch, dass es in dem Verfahren nur um die Vollstreckung eines Urteils von 2012 gehe und nicht etwa um eine Neubewertung. Und 2012 sei von Dieselfahrverboten keine Rede gewesen, das könne man nicht einfach hineininterpretieren. Aufatmen können die Besitzer von Dieselautos trotzdem nicht. Denn die Aufforderung, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, bleibt ja bestehen. Und beim Bundesverwaltungsgericht wird voraussichtlich im Sommer über die Zulässigkeit eines Diesel-Fahrverbots entschieden. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, hält es deshalb für möglich, dass das Thema nach einem Urteil in Leipzig ganz schnell wieder auf die Tagesordnung kommt.

Wie geht es weiter in München?

Im Sommer soll ein Gutachten fertig werden, mit dem der Freistaat die Möglichkeiten für Verkehrsbeschränkungen ausloten lässt. Danach wird der Luftreinhalteplan überarbeitet. Klar ist: Die EU-Grenzwerte müssen nun eingehalten werden.

Was hat das Ganze mit der blauen Plakette zu tun?

Die blaue Plakette soll markieren, welche Autos einen noch erträglichen Stickstoffdioxid-Ausstoß haben und daher einfahren können, so ähnlich wie die grüne Plakette beim Feinstaub. Sie ist eine Ergänzung der Umweltzone. Allerdings liegt die Blaue Plakette derzeit politisch auf Eis. Im Gespräch sind auch Formen von Fahrverboten, die ohne Plakette auskommen: Dann wird einfach per Schild Dieselautos die Einfahrt untersagt.

Wie ist die Schadstoffsituation in München?

Beim Feinstaub, der die Schadstoffdebatte vor allem in den Nullerjahren bestimmte, hat sich die Lage entspannt. Das liegt vor allem am moderneren Fuhrpark und an strengeren Normen etwa für Öfen. Das aktuelle Problem ist der Jahresmittelwert beim Stickstoffdioxid, vor allem an Stachus und Landshuter Allee. Die Tageslimits dagegen werden meist eingehalten - was kurzfristig verhängte Fahrverbote wirkungslos macht.

© SZ vom 18.02.2017 / dh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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