Landkreis Ebersberg:Polizei fasst Kirchenschänder

Lesezeit: 2 min

Die abgebrochene Hand einer Heiligenfigur liegt auf dem Boden der Leonhardikirche. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Sie sollen Heiligenfiguren zerstört und auf dem Altar angezündet haben: Zwei junge Männer werden verdächtigt, die Leonhardikirche in Grafing bei München verwüstet zu haben. Doch die gestohlene Reliquie bleibt verschwunden - und die Kirche ist wohl entweiht.

Von Michael Haas

Wirklich überrascht war man nicht im Grafinger Pfarrbüro als am gestrigen Nachmittag die erlösende Nachricht kam: Die mutmaßlichen Kirchenschänder der Leonhardikirche sind gefasst. Die beiden 17 und 18 Jahre alten Verdächtigen sollen am vergangenen Samstag in die Grafinger Leonhardikirche eingedrungen sein und diese verwüstet haben. Von Heiligenfiguren hatten sie Arme und Beine abgerissen, um diese dann auf dem steinernen Altar zu verbrennen. Schon in den vergangenen Tagen hatte sich das Netz um die beiden Verdächtigen rasch zugezogen. Am Donnerstag gab die Kriminalpolizei Erding dann bekannt, dass zwei Jugendliche unter dringendem Tatverdacht stünden, einer sogar festgenommen wurde. Ihre Tat hatte auch über die Landkreisgrenzen hinaus für Erschütterung gesorgt.

Schon in der Vergangenheit war der arbeitslose 18-Jährige, der der Haupttäter gewesen sein soll, wegen zahlreicher Diebstähle und Sachbeschädigungen im Raum Grafing und in München ins Visier der Polizei geraten. Sonderlich geschickt hatte er sich auch in Grafing nicht angestellt, denn beim Verlassen der Leonhardikirche wurden der Jugendliche und sein Komplize von Passanten gesehen.

Die Zeugen konnten das auffällige Aussehen beider Täter beschreiben und so hatte man bei der Polizeiinspektion Ebersberg bereits am Montag eine erste Spur. Nach Übernahme der Ermittlungen durch die Kriminalpolizei Erding wurde der obdachlose Verdächtige schließlich am Mittwochnachmittag in München aufgegriffen und festgenommen. Wegen akuter Fluchtgefahr soll er nun erst einmal in Haft kommen. Sein mutmaßlicher Helfer bleibt hingegen frei, da die Polizei bei dem Jugendlichen keine Fluchtgefahr sieht.

Heruntergerissen und angezündet: Aschereste zeugen von den Taten. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

"Ein Verlust, der finanziell nicht ersetzt werden kann"

Während die Täter gefunden zu sein scheinen, fehlt weiterhin jede Spur von der geklauten Reliquie. Das Stück vom Kreuz Jesu ist in einem goldenen Schaugefäß aus dem 19. Jahrhundert untergebracht, der Wert ist schwer zu beziffern, dürfte aber bei mehreren tausend Euro liegen. Das Kreuzstück hat für die Katholiken zudem eine wichtige geistliche Bedeutung, als einzige Reliquie in der Leonhardikirche war sie außerdem deren zentraler Bestandteil.

"Das ist ein Verlust, der finanziell nicht ersetzt werden kann", sagt Stadtpfarrer Hermann Schlicker. Deshalb hofft man nicht nur in Pfarrbüro und Ordinariat, dass das Gefäß doch noch gefunden wird. Doch das gilt als ziemlich unwahrscheinlich. Zwar ist es laut Aussagen der Polizei schwer, eine solche Reliquie zu verkaufen, doch dem Vernehmen nach haben die beiden mutmaßlichen Täter bislang keinerlei Einsicht in ihre Taten oder Kooperationsbereitschaft mit der Polizei signalisiert.

Unklar bleibt deshalb auch, wie die Jugendlichen in den üblicherweise verschlossenen Innenraum der Leonhardikirche eindringen konnten und wieso sie dies taten. "Es ist schon verwunderlich, dass man auf die Idee kommt, da reinzugehen", sagt auch der fassungslose und verärgerte Stadtpfarrer Schlicker.

Durch die Schändung ist die Grafinger Leonhardikirche wohl entweiht worden. Dem Kirchenrecht entsprechend müsste sie dann durch einen Bußakt im Beisein eines Bischofs wieder in die Katholische Kirche aufgenommen werden. Zunächst soll nun aber ein Gutachter aus dem Erzbischöflichen Ordinariat kommen und sich das Ausmaß der Zerstörung des kleinen Kirchleins ansehen.

© SZ vom 12.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: