Sankt Leonhard in Grafing:Unbekannte schänden Kirche

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"Wegen Kirchenschändung geschlossen": Ein Zettel verweist auf die Vorfälle am Wochenende. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Zertrümmerte Heiligenfiguren, Feuer auf dem Altar, eine verschwundene Kreuzreliquie: Unbekannte haben die kleine Kirche Sankt Leonhard in Grafing geschändet und sie dadurch entweiht. Hinweise auf Täter und Motive fehlen bislang. Dass jemand eine Schwarze Messe feiern wollte, glaubt der Pfarrer nicht

Von Barbara Mooser

Die kleine hölzerne Hand des heiligen Leonhard liegt noch unter der ersten Kirchenbank. Ein paar Schritte weiter auf dem Steinboden ein Kruzifix. Auf dem Altar ein Häufchen verbrannten Stoffes, es war einmal ein Teil des Gewandes der schmerzhaften Mutter Gottes, dazwischen angekohltes Holz. Ein beißender Geruch nach Feuer liegt in der Luft. "Wir haben alles so gelassen, wie es war", sagt Andreas Krause. Obwohl bereits ein paar Stunden seit der erschreckenden Entdeckung vergangen sind, ist er am Sonntagnachmittag immer noch erschüttert. "Es war ein richtiger Schock", sagt er. Unbekannte haben am Wochenende das kleine Leonhardikirchlein in Grafing geschändet, Heiligenfiguren zerstört und Reliquien gestohlen. Der Schaden ist schwer zu beziffern, die Polizei schätzt ihn aber auf mehrere tausend Euro.

Wie die Randalierer in die Kirche gelangt sind, ist noch nicht klar. Eine schwere Holztür schützt den Kirchenraum; dann noch ein schweres Gitter, das den Vorraum von den Sitzbänken und dem Altarraum abtrennt. Möglich wäre, dass die Täter das einfache Schloss mit einem Dietrich geöffnet haben. "Vielleicht haben sie sich auch einsperren lassen", mutmaßt der Mesner.

Eher klar ist ihm und der Polizei, wie die Täter in den Altarraum gelangten: Sie müssen durch ein kleines Loch am Holzgitter, das den Aufgang zur Empore versperrt, geschlüpft sein. Von der Empore kletterten sie über eine Leiter in den Innenraum, die lehnte dort noch am Sonntagmorgen. Schmal und beweglich müssen die Täter gewesen sein: Am Sonntag haben Pfarrer Hermann Schlicker und der Mesner einen 13-jährigen Ministranten gebeten, das Kunststück zu versuchen - es gelang. "Auch ein 15-Jähriger würde da noch durchpassen", vermutet der Pfarrer.

Brandgeruch und zertrümmerte Heiligenfiguren

Die abgebrochene Hand einer Heiligenfigur liegt auf dem Boden der Leonhardikirche. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Einem Grafinger Rentner war am Sonntagmorgen aufgefallen, dass in der kleinen Kirche, die aus dem 13. Jahrhundert stammt und das ältestes Bauwerk Grafings ist, etwas nicht stimmte. Er informierte sofort den Mesner. Der bemerkte als erstes den Brandgeruch in dem Kirchlein, doch das Feuer war schon aus. "Gott sei Dank ist der Altartisch aus Stein, sonst hätte die ganze Kirche abbrennen können", sagt er.

Angefacht hatten die Täter das Feuer auf dem Altar mit allem, was sie von den verschiedenen, größtenteils aus dem 19. Jahrhundert stammenden Heiligenfiguren in der Kirche abbrechen konnten. Hände, Stäbe, einige der Schwerter der schmerzhaften Mutter Gottes. Ein anderes der sieben Schwerter gaben sie dem heiligen Sebastian in die Hand, dass es so aussah, als wollte dieser Selbstmord begehen, wie es der Pfarrer beschreibt.

Auch ein Reliquienschrein wurde aufgebrochen; den Reliquienbehälter, in dem ein Splitter des Kreuzes Jesu aufbewahrt war, haben die Täter mitgenommen. "Ob wir die Reliquie jemals wiederbekommen, das ist die große Frage", sagt der Mesner. Er kann nicht fassen, was die Täter mit der Kirche gemacht haben. "Da kümmert man sich liebevoll um alles, dann wird das einfach so kaputt gemacht", sagt der Mesner. "Der ideelle Schaden ist groß, aber da hängen ja auch Gefühle dran."

Unklar ist momentan noch, wann das alles passiert ist. Am Samstag um dreiviertel Drei habe man aus der Richtung Glockenläuten gehört, erzählt der Mesner - es könnte also sein, dass sich die Täter zu diesem Zeitpunkt auch an den Glockenseilen zu schaffen gemacht haben. Vielleicht haben sie aber auch erst in der Nacht zugeschlagen.

Über die Motive der Täter kann der Pfarrer nur rätseln. "Ich denke nicht, dass das etwas mit schwarzer Magie zu tun hat", sagt er. "Ich vermute, dass es jemand war, der nur Dummheit im Kopf hat und der gesehen hat, dass man reinkommt." Eine Schwarze Messe konzentriere sich auf die Eucharistie, und Sankt Leonhard sei die einzige der Grafinger Kirchen, die "kein eucharistietragender Ort" sei. Was auch immer die Motivation war - die Kirche ist jedenfalls nun entweiht. Wie es hier nun weiter geht, das muss das Ordinariat an diesem Montag entscheiden.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Kirche im Landkreis Ziel von Zerstörungen war. Erst im März haben Unbekannte das Innere der Kirche Sankt Gallus in Steinhöring verwüstet, Messbücher, Kerzen und das Evangelium beschädigt. In Poing hat ein Unbekannter das farbige Glasfenster der evangelischen Christuskirche mit einem Stein beworfen und einen hohen Schaden angerichtet.

Die Polizei Ebersberg, Telefon 08092/8268-0, hofft, dass Zeugenaussagen bei der Klärung der Grafinger Vorkommnisse helfen können.

© SZ vom 08.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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