Sanierung der Klinikgesellschaft:In bedrohlicher Schieflage

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Hygiene-Mängel im Jahr 2010 offenbarten, wie schlecht es um die Finanzen der städtischen Krankenhäuser bestellt war. Doch in den vergangenen Jahren ist viel passiert

Von Dominik Hutter, München

Wahrscheinlich war es im Nachhinein ein großes Glück, dass an jenem Mittwochabend im Juli 2010 der Operationsbetrieb in Bogenhausen und Neuperlach gestoppt wurde. Hintergrund war, dass immer wieder verschmutztes OP-Besteck aufgetaucht war, und zwar, wie sich später herausstellte, seit längerer Zeit schon. Natürlich war es für die Patienten nicht angenehm, dass für einige Zeit nichts mehr voranging in den städtischen Krankenhäusern, deren fachlicher Ruf doch eigentlich tadellos war. Nur: Ohne den Hygiene-Skandal wären die fünf kommunalen Häuser, die inzwischen München Klinik heißen, möglicherweise längst an private Investoren verkauft worden.

Denn erst die geschärften Blicke aus dem Rathaus offenbarten, in welcher finanziellen Schieflage sich das kommunale Unternehmen befand. Die Stadt kämpfte anschließend mehrere Jahre darum, das Klinikum vor der Pleite zu bewahren - ohne die Hygiene-Probleme wäre das möglicherweise erst sehr viel später aufgefallen.

Allein mit Geld ist es bei der Rettung eines Kommunalklinikums nicht getan. Denn das EU-Recht verbietet es, großzügig mit öffentlichem Geld Finanzlöcher zu stopfen. Gefragt war ein nachvollziehbares Konzept, damit das Haus wirtschaftlich wieder auf eigenen Füßen stehen kann.

Die damalige Stadtspitze, allen voran Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und der Dritte Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne) schasste die komplette Klinik-Geschäftsführung, und deren Nachfolger auch noch. Als die Lage immer bedrohlicher wurde, erklärte Ude das Klinikum zur Chefsache und setzte seine Geheimwaffe ein, den inzwischen pensionierten Kämmerer Ernst Wolowicz. Der wusste lange Zeit nicht, ob das Unternehmen zu retten sein würde, die jährlichen Defizite blieben im zweistelligen Millionenbereich.

Das Sanierungskonzept, erarbeitet von der Unternehmensberatung Boston Consulting, sah schließlich Einschnitte in vielen Bereichen und eine weitgehende Neuorganisation vor. Fachbereiche, die in mehreren Häusern vorhanden waren, sollten zusammengelegt, die Zahl der Mitarbeiter verringert und Löhne gekürzt werden. Der Blutspendedienst wurde verkauft, diverse Dienstleistungen wie etwa Küchen und Reinigungsdienste sollten aus Kostengründen ausgelagert werden. Für die betroffenen Mitarbeiter wurde eine städtische Auffanggesellschaft gegründet. Einige dieser bereits beschlossenen Maßnahmen werden nun wieder kassiert - die Gewerkschaften machen nicht mit, und die Stadt will als sozialer Arbeitgeber nicht allzu harsch auftreten. Auch der Bettenabbau, das gab der einstige Boston-Consulting-Mann und jetzige Klinikchef Axel Fischer schon vor einigen Jahren bekannt, soll nicht so drastisch ausfallen wie ursprünglich geplant.

Als großes Problem wurden veraltete Gebäudestrukturen identifiziert, vor allem die weitläufigen Trakte des Klinikums Schwabings, das inmitten einer Parklandschaft liegt. Nicht wirtschaftlich zu betreiben, lautete die fachliche Einschätzung. Große Teile der Bauten werden daher in den kommenden Jahren vom Klinikum aufgegeben. Fischer will sich auf einen deutlich kleineren Bereich beschränken und gleichzeitig durch den Neubau einer Kinderklinik moderner werden.

Teil der politischen Debatte ist das Sanierungskonzept fürs Klinikum nur noch in sehr begrenztem Maß. Vor einigen Jahren war das noch anders. Da stritten die Rathausparteien erbittert darüber, ob sich das Klinikum gesundschrumpfen oder eher durch einen Ausbau seines Angebots höhere Einnahmen erzielen sollte. Die heiße Phase ist längst vorbei. Und die Insolvenz abgewendet.

© SZ vom 23.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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