Sadleriana bavarica:Eine Schnecke - zwei Entdecker

"Die Letzten ihre Art" vom 16. Januar:

In der SZ vom 16. Januar 2019 wird über das weltweit einzigartige Vorkommen der Bayerischen Zwergdeckelschnecke berichtet. Ich habe diese Schnecke auf den Namen Sadleriana bavarica getauft und 1989 für Bayern beschrieben. Ich hatte festgestellt, dass es sich nicht um eine Quellschnecke der Gattung Sadleriana handelt, die auf dem Balkan und im italienischen Voralpenland verbreitet ist, sondern um eine bis dahin unbekannte Art.

Entdeckt habe ich die Schnecke allerdings nicht. Ihr Entdecker ist der Biologe Werner Colling, dem sie wenige Jahre zuvor in einer Quelle bei München begegnete. Ich bin Chemiker, beschäftige mich jedoch seit meiner Schulzeit, seit nunmehr fast siebzig Jahren, mit "Winzlingen" im Reich der Schnecken. Die Entdeckung der Bayerischen Zwergdeckelschnecke zeigt, dass es selbst für einen Amateur wie mich vor 30 Jahren noch möglich war, auf heimatlichem Boden ein bislang unbekanntes Tier aufzuspüren.

Quellschnecken, wie die Bayerische Zwergdeckelschnecke, sind standorttreu. Wird ihr Lebensraum einmal vernichtet, kommen sie niemals zurück, anders als etwa der Wolf. Wenn ein anderer Zwerg, die konische Quellschnecke Bythinella conica, zwar in Oberbayern noch immer verbreitet ist, so habe ich nach jahrzehntelanger Beobachtung zahlreicher Quellen inzwischen abschätzen und beschreiben können, dass das Vorkommen dieser Schnecke in Bayern langsam erlischt. Ihr bescheidener Lebensraum wird Quelle um Quelle trockengelegt, verrohrt, für Viehtränken oder Fischteiche gefasst oder verdreckt. Keine "Quellgottheit" will den Zwergen mehr zur Hilfe kommen!

Hans D. Boeters, München

© SZ vom 07.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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