Rückkehr zum G 9:Stoibers Kritiker behielten recht

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Ein Leser vergleicht Politik mit dem Spargelstechen, ein anderer fühlt sich von Seehofer an seine Schulzeit in den Fünfziger Jahren erinnert

"Bayern kehrt zum G 9 zurück" und "Ein Schülerleben lang" vom 6. April sowie weitere Beiträge über Bayerns Schulreform:

Das gab's schon einmal

Herrn Seehofers "Generationenentscheidung" ist so neu nicht. Die gab es schon in der ersten Hälfte der Fünfziger Jahre, als damals mit der Begründung der Wissensexplosion das neunjährige Gymnasium eingeführt wurde. Man sollte halt öfter mal die Geschichte bemühen. Aber dies war wohl weder Herrn Stoiber noch Herrn Seehofer zuzumuten. Für meine Generation war die damalige Entscheidung eine bittere Pille, denn sie verlängerte für eine Generation die Schulzeit, von deren Angehörigen viele durch Krieg und Vertreibung schon ein Schuljahr verloren hatten. Dr. Dietmar Nickel, München

Schulpolitik mit Juchhe

Mit der Politik verhält es sich auch nicht anders als mit dem Spargelstechen. Manchmal braucht man, wie Landwirtschaftsminister Brunner, drei Versuche, um letztendlich doch nur eine magere Ernte einzufahren. Damit man dieses testweise Herangehen an komplexe Vorgänge auf ein Minimum reduziert, hat sich die bayerische Staatsregierung, von vielen Wählern unbemerkt, vor Jahren die Juchhe-Ideologie der Nordkoreaner zu eigen gemacht und sie zur Leitkultur erkoren. Die kann deren Chefideologe allerdings genauso wenig plausibel erklären wie Alexander Dobrindt sein Mautsystem oder Horst Seehofer die Alpine Schul- und Finanzpolitik seines Vorgängers Edmund Stoiber. Anders als in der ostasiatischen Volksrepublik herrscht in Bayern wenigstens kein Hunger! Aber doch auch ständig die Furcht, dass der Münchner Machtapparat eine neue Juchhe-Aktion ins Leben ruft, die sich, wie das G 8, als völlig unbrauchbar erweist und nach mehr oder minder kurzer Halbwertszeit wieder verpufft. Manfred Jagoda, Ismaning

Selbstherrliche CSU

Das G 8 wurde nicht erst 2004 umgesetzt, sondern im absoluten Hauruck-Verfahren gleich nach der Regierungserklärung Stoibers 2003 rückwirkend für die 5. Klassen, die gerade im September das Gymnasium begonnen hatten - als G 9-Schüler, die sich jetzt unverhofft im G 8 wiederfanden (nachdem Stoiber noch im Wahlkampf das bayerische Schulsystem über den grünen Klee gelobt hatte). Ein Großteil der CSU-Landtagsabgeordneten hat vermutlich selbst das Desaster dieser einsamen, spontanen Stoiberschen Entscheidung geahnt, diese Entscheidung aber mitgetragen und gegen alle Argumente der (fachkundigen) Kritiker verteidigt - und hat so die Treue zur Partei über das Wohl des Volkes gestellt. Aber diese Selbstherrlichkeit (was schert uns die Meinung der Fachleute!) sind wir Bayern ja schon aus anderen Entscheidungen gewöhnt - was die Sache nicht besser macht. Margarete Aulbach, Neusäß

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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