Rudolf-Heß-Mahnwache:Stadt verbietet Neonazi-Aufmarsch

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Weil die Veranstaltung als Ersatz für die verbotene Demonstration in Wunsiedel gehandelt wurde, hat das Kreisverwaltungsreferat die Kundgebung auf dem Marienplatz verboten.

Berthold Neff

Die Stadt hat die für den heutigen Freitag angemeldete Neonazi-Demo mit dem Motto "Rudolf Heß - Märtyrer des Friedens" verboten. Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle sagte, die öffentliche Sicherheit und Ordnung wäre gefährdet, wenn auf dem Marienplatz die bayernweit einzige Versammlung mit direktem Bezug zum Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß stattfinden würde.

KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle begründete das Verbot am Donnerstag vor der Presse vor allem damit, dass in den Internet-Foren der Neonazi-Szene offen damit geworben werde, die Versammlung auf dem Marienplatz als Ersatz zu nutzen für die verbotene Demonstration in Wunsiedel (wo Heß vor 20 Jahren beerdigt wurde).

Offenbar strebe die rechte Szene unter dem im Internet verbreiteten Motto "Wenn schon nicht Wunsiedel, dann eben München: Heß-Gedenken erlaubt" eine bundesweite Mobilisierung an. Außerdem habe Norman Bordin, ein laut Blume-Beyerle "sattsam bekannter Neonazi", als Anmelder der Marienplatz-Demo im Internet verlauten lassen, er mache lediglich "aus strategischen Gründen" keine Werbung für diese Veranstaltung. Mit solchen Tricks könne man die Stadt aber nicht hinters Licht führen, sagte Blume-Beyerle: "Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen."

Unter anderem gestützt auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth, das einen Aufmarsch der rechten Szene zwar erlaubt, aber zugleich jeden Bezug zu Rudolf Heß untersagt hatte, verbot die Stadt die Marienplatz-Kundgebung.

Versammlungs- und Meinungsfreiheit respektieren

Der Bescheid, der Bordin am Donnerstagnachmittag zugestellt wurde, umfasst 37 Seiten. Eine weitere Kundgebung, die der Rechtsextremist Thomas Wittke ebenfalls für Freitag (18 bis 24 Uhr) auf dem Karlsplatz angemeldet hatte, wurde zwar nicht verboten, aber mit Einschränkungen belegt. Reden oder Transparente mit Bezug zum Tod von Rudolf Heß wurden untersagt.

Motto dieser Demo war "Meinungsfreiheit - 365 Tage im Jahr." Anzunehmen ist, dass die Neonazis beim Verwaltungsgericht München Klage gegen den Verbotsbescheid einlegen. Sollte das Gericht die Position der Stadt bestätigen, wäre gegen diesen Beschluss im Einstweiligen Verfahren eine Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof möglich.

KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle sagte, in der Demokratie sei es oberstes Gebot, die Grundrechte - etwa der Versammlungs- und Meinungsfreiheit - zu respektieren. Auch wenn es möglicherweise politisch erwünscht sei, sollte sich niemand darüber "mit lockerer Hand hinwegsetzen". Deshalb habe die Stadt die Neonazi-Demo im Vorjahr, ebenfalls auf dem Marienplatz und zum Thema Rudolf Heß, nicht verboten. Wäre das Verbot von der Justiz aufgehoben worden, hätte dies bloß den Neonazis geholfen und ihnen eine "Demonstration mit dem Segen der Gerichte" ermöglicht.

Verboten wurde allerdings bereits im Vorjahr eine andere von Norman Bordin angemeldete Kundgebung, die ausgerechnet am 9. November auf dem Marienplatz stattfinden sollte - am Tag, als die Stadt der Reichspogromnacht gedachte und ein paar hundert Meter weiter das neue Jüdische Gemeindezentrum eröffnet wurde.

Dieses Verbot hielt auch vor den Gerichten. Der Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker, der sich auch diesmal für ein Verbot stark gemacht hatte, begrüßte die Entscheidung. Ziel der Mahnwache wäre offenkundig die Verherrlichung des nationalsozialistischen Gewalttäters Rudolf Heß gewesen. Benker: "Diese Peinlichkeit bleibt München erspart." Der Münchner SPD-Chef Franz Maget erklärte, die Stadt mache so deutlich, dass Nazis hier nicht geduldet würden: "München darf kein Aufmarschgebiet für Rechtsextremisten sein."

© SZ vom 17.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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