Rekordversuch in München:Vom Tellerwäscher zum Gospel-Rekordler

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Er begann als Tellerwäscher und Reinigungskraft - inzwischen dirigiert Mano Ezoh Laienchöre in ganz Bayern. Nun hat der gebürtige Nigerianer für 35.000 Euro die Münchner Olympiahalle gemietet. Mit mehr als 1000 seiner Gesangsschüler will er dort den Weltrekord im Gospelchor-Singen brechen.

Martin Zips

Mano Ezoh, 30, stammt aus Nigeria und lebt seit sechs Jahren in Deutschland. Er arbeitete hier schon als Tellerwäscher und Reinigungskraft, heute ist er ein gefragter Gesangslehrer. Tausende nehmen in Bayern und Österreich an seinen Workshops teil. Jetzt hat Ezoh die Münchner Olympiahalle gemietet, um dort mit mehr als tausend seiner Gesangsschüler auf der Bühne den Weltrekord im Gospelchor-Singen zu brechen. Samstag ist es so weit.

Für seinen Auftritt in der Olympiahalle hat Mano Ezoh schon jetzt mehr Karten verkauft als manch ein Popstar. Ganz besonders freut ihn, dass auch seine Mutter da sein wird. (Foto: oh)

SZ: Herr Ezoh, kennen Sie eigentlich Gotthilf Fischer?

Ezoh: Klar, von dem habe ich gehört.

SZ: Als gebürtiger Nigerianer sind Sie gerade dabei, Herrn Fischers Nachfolge anzutreten. Sie dirigieren Laienchöre in Nürnberg, Regensburg, Würzburg, Plattling, Olching, München und Salzburg. Was singen Sie mit den Deutschen? "Hoch auf dem gelben Wagen"?

Ezoh: Ich singe mit den Menschen Gospellieder. Die sind zeitgemäßer und machen gute Laune. Wobei ich sagen muss, mein Gospelbegriff ist weit gefächert. Dazu gehören etwa auch Michael Jackson-Songs oder etwas von U2. Nur ehemalige Sklavenlieder lehne ich ab.

SZ: Am Samstag möchten Sie in der Münchner Olympiahalle mit mehr als tausend Sängern den Weltrekord im Gospelchorsingen brechen.

Ezoh: Es ist natürlich schade, dass mein Vater und meine sechs Geschwister nicht alle dabei sein können. Mein Vater, er war Ingenieur, ist schon tot. Für meine Geschwister ist die Anreise zu teuer, aber meine Mutter wird sicher kommen. Es wird das erste Mal sein, dass sie sich in ein Flugzeug setzt. Sie lebt noch immer in Kaduna. Wir waren eine richtig arme Familie und wohnten dort im Slum. Ich muss sagen: Ich habe noch immer Probleme, wenn mir Leute in Deutschland sagen, sie hätten es hier so schwer. Nein, nein, das ist kein Vergleich mit Afrika.

SZ: Wie war das Leben in Nigeria?

Ezoh: Hart. Aber schon mit fünf Jahren habe ich von einer Karriere als Sänger geträumt. Meine Lehrer haben mich gefördert, das Fernsehen hat über mein Talent berichtet, danach buchten mich allerlei Kirchenchöre. Als Erwachsener habe ich ein Visum für Deutschland beantragt, mein Cousin wohnt hier. In München war ich Tellerwäscher und Reinigungskraft. Jeden Tag bin ich um vier Uhr morgens aufgestanden. Dann bekam ich eine Festanstellung in einem Fastfood-Restaurant in Deggendorf. Aber ich wollte wieder singen. Also habe ich mir Hallen angeschaut, in denen ein Konzert stattfinden könnte. Dann annoncierte ich in den Lokalblättern: "Hallo! Ich gründe bei euch einen Laienchor. Wir singen Gospel und veranstalten ein Konzert. Will jemand mitmachen?" Es kamen Männer und Frauen, alte und junge - aus allen Schichten.

SZ: War es überhaupt leicht, als Nigerianer in Deutschland Fuß zu fassen?

Ezoh: Wenn man sich für wirklich keine Arbeit zu schade ist und sofort versucht, sich gut zu integrieren, dann funktioniert das schon. Neben meiner Arbeit in Deggendorf habe ich zum Beispiel noch fleißig Deutschkurse besucht.

SZ: Und wie ist Deggendorf so?

Ezoh: Gefällt mir. Ich bin kein Stadtmensch. Und die Menschen mögen mich. Man organisiert sogar Gratisbusse zu meinem Münchner Konzert.

SZ: Das, was Sie machen, ist natürlich auch ein cleveres Geschäftsmodell: Die Konzertkarten verkaufen sich, weil viele Menschen die bayerischen Verwandten und Freunde gerne einmal auf einer großen Bühne singen hören wollen.

Ezoh: Stimmt. Wie ich höre, sollen für das Konzert in der Olympiahalle schon jetzt viel mehr Karten verkauft worden sein als für den Auftritt der ein oder anderen Profiband. Ich hoffe also, dass ich aus der Nummer auch finanziell wieder gut rauskomme. Die Hallenmiete ist mit 35.000 Euro ja nicht gerade günstig.

© SZ vom 14.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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