Reisetipps:Freiheit statt Parzellen

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Björn Staschen hat einen Führer mit 75 "coolen" Campingplätzen geschrieben - die sind mitten in München ebenso wie auf Hallig Hooge

Interview von Silke Lode, München

Der Campingführer, den Björn Staschen geschrieben hat, erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch achtet er darauf, dass die Plätze in der Nähe von touristischen Sehenswürdigkeiten liegen. "Cool Camping" heißt sein Buch, und es reklamiert, "75 sensationelle Plätze zum Zelten" vorzustellen (Haffmans & Tolkemitt, 19,90 Euro).

SZ: Herr Staschen, was macht einen "coolen" Campingplatz aus?

Björn Staschen: Der Kern ist für mich Freiheit. Das heißt zum einen die Freiheit, in der Natur zu sein. Aber auch möglichst wenig Regeln zu spüren. Ich will zum Beispiel beim Campen ein Lagerfeuer machen dürfen oder selbst aussuchen, wo ich mein Zelt aufstelle. Ich möchte Platz um mich herum.

Sie suchen also Romantik statt Regeln?

Genau. Wenig Schlagbäume und Parzellen, wenig eingeschworene Dauercamper-Gemeinschaften. Gegen die habe ich nichts. Aber wenn man das Gefühl hat, als Zeltbesucher nur Zaungast in der letzten Reihe zu sein, dann ist das nicht schön. In Deutschland gibt es viele Camper, die fahren regelmäßig raus zu ihrem Wohnwagen, der fest auf der Wiese hinter einem Zaun steht. Das ist oft keine offene Atmosphäre, die man sich für ein Zeltwochenende wünscht. Ich habe nichts gegen Wohnwagen, meine Familie campt gerne im Bulli. Aber wir wollen mobil bleiben, wieder einpacken und weiterfahren.

Ist das Problem vielleicht, dass Dauercamper andere Wünsche und Ansprüche haben als eine Jugendgruppe, die mit ihren Zelten und Rädern jeden Tag weiterzieht?

Jeder darf campen, wie er will. Es ist völlig okay, der Sonne hinterherzufahren oder bei Regen ins Hotel zu wechseln. Man muss einfach darauf achten, eine Umgebung zu finden, wo man nicht rausfällt. Plätze für Dauercamper sind oft so etwas wie Ferienhaussiedlungen, etwas ganz anderes als ein Platz fürs Wochenende, auf dem man Gleichgesinnte trifft.

Wohin geht der Trend auf deutschen Campingplätzen - zu noch mehr fest installierten Hauszelten und Wohnwagen, zu offenen Zeltwiesen oder zu schattigen Stellplätzen für all die VW-Busse?

Insgesamt wird Camping populärer - in alle Richtungen. Einige alte Dauercamperplätze sind in den letzten Jahren von der nächsten Generation übernommen worden - die hat zum Teil den Wunsch nach mehr wechselnden Gästen. Die Dauercamper sind aber eine sichere Einnahmequelle, und einige Platzbesitzer haben wirklich Probleme, finanziell zu überleben.

Gibt es auch andere Ideen, um Campingplätze wirtschaftlich zu betreiben?

Ja, sogar sehr fantasievolle. Seit 2012 die erste Auflage von "Cool Camping" erschienen ist, sind etliche neue Plätze entstanden, die auf "Glamping" setzen - also Camping mit Komfort. Die bieten zum Beispiel auch Tipis, Baumhäuser, Zirkuswagen oder Jurten an. Da tut sich richtig was.

Zu Ihren absoluten Lieblingsplätzen gehört auch "The Tent" in München. Was gefällt Ihnen hier besonders gut?

"The Tent" verkörpert für mich urbanes Camping - das gibt es so fast nur noch in München. Berlin hatte noch einen tollen Platz, aber der musste schließen. "The Tent" ist mit die letzte Oase, in der man in der Stadt in der Nähe zu touristischen Attraktionen zelten kann. Es gibt im Kapuzinerhölzl eine schöne Vielfalt: Man kann mit dem eigenen Zelt kommen oder ein Bett im großen Zelt mieten. Die ganze Atmosphäre stimmt, es gibt auch ein nettes Café und junge Leute kommen genauso wie ältere.

Zu Ihrer Top drei gehören auch ein einfacher Garten in Winnekendonk in Nordrhein-Westfalen und eine Salzwiese auf Hallig Hooge - was haben solche Plätze mit "The Tent" gemeinsam?

Da geht es wieder um den Kern, der mir wichtig ist: Freiheit, Natur und wenige Regeln. Das trifft auf alle Plätze zu - in der Einsamkeit auf Hallig Hooge oder mitten in München.

Gibt es nicht allzu weit von München entfernt noch andere schöne Plätze, die Sie empfehlen können?

Die Schnitzmühle im Bayerischen Wald zum Beispiel. Die liegt auf einer Insel zwischen zwei Flussarmen bei Viechtach, das Restaurant bietet eine tolle Thai-Fusion-Küche mit lokalen Zutaten an und sogar lokalen Gin! Auch ein kleines Wellness-Angebot gibt es. Vom einfachen Zeltcamping bis zu einem Hauch von Luxuswochenende ist hier alles drin. Der Gegenpol dazu wäre der Jugendzeltplatz in Chieming. Direkt am Ufer des Chiemsees sind eher die dicht bestellten Dauerplätze, etwas den Hang hinauf liegt der Jugendzeltplatz. Dort kann man in ein Tipi einziehen und in der Scheune klettern. Schön ist auch Camping Brugger am Riegsee bei Murnau. Da gibt es zwar eine Dauercamper-Kolonie, aber die schönsten Plätze sind vorne am See. Und direkt am Ufer dürfen nur Zelte stehen.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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