Reiserücktritt:Bekannt, aber unerwartet

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Amtsgericht: Versicherung muss bei Krankheit zahlen

Von Stephan Handel

Was ist eine "unerwartete" Erkrankung? Mit dieser Frage musste sich nun das Amtsgericht auseinandersetzen. Es ging um den Fall eines 77-jährigen Mannes, der von seiner Reiserücktritts-Versicherung die Storno-Kosten für eine zunächst gebuchte, dann aber abgesagte Reise erstattet haben wollte.

Der Rentner wollte mit seiner Frau für 14 Tage nach Teneriffa fahren - 2196 Euro sollte der Urlaub kosten. Seit Jahren schon war der Mann an einer Nieren-Insuffizienz erkrankt. Allerdings bereitete diese keine Probleme, mehrere Reisen hatte er schon unternehmen können. Bei der Teneriffa-Reise gab es aber Schwierigkeiten: Gut einen Monat vor Abreise wurden bei einer ärztlichen Untersuchung erhöhte Kreatininwerte festgestellt, eine Folge der nicht ausreichenden Nierenleistung. Die Ärzte rieten ihm zur Absage der Reise - das tat er; 923 Euro Storno-Gebühr wollte er von seiner Reise-Rücktrittsversicherung zurück, die bei seiner Kreditkarte inklusive war.

Die Versicherung aber weigerte sich zu zahlen und verwies auf die Versicherungsbedingungen: Dort hieß es, es seien unter anderem Tod, schwerer Unfall und unerwartete schwere Erkrankung versichert - nicht jedoch Erkrankungen und deren Folgen, die bei der Reisebuchung schon bekannt seien, wie eben das Nierenleiden des Rentners.

Der klagte vor dem Amtsgericht - und bekam letztlich recht: Die Regelung benachteilige den Versicherten in unangemessener Weise. "Die Klausel", heißt es in den Urteilsgründen, "differenziert zum einen nicht zwischen der versicherten Person bekannten und unbekannten Vorerkrankungen, so dass auch unbekannte Vorerkrankungen bei Reisebuchung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind."

Zum anderen, so das Urteil weiter, bedeute "unerwartet" nicht, dass die Erkrankung nach dem Versicherungsabschluss und nach der Reisebuchung völlig neu entstehen muss. Die Niereninsuffizienz des Klägers war jahrelang stabil und habe keinerlei Probleme gemacht. Die Verschlechterung kurz vor Reiseantritt sei keine "zwingende Zustandsverschlechterung", vielmehr sei sie ein "zufälliges Akutereignis" und stelle damit eine unerwartete Erkrankung im Sinne der Versicherungsbedingungen dar - was heißt: Die Versicherung muss dem Rentner die Stornokosten erstatten. Das Urteil ist rechtskräftig. (AZ. 159 C 5087/16)

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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