Rechtfertigungsdruck:Bettelorden und Kirchenschatz

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Finanzielle Angelegenheiten stellen die Glaubwürdigkeit der Kirchen schnell in Frage. (Foto: Florian Peljak)

Eine Glaubensfrage der Kirchen: Wie hält man es mit dem Geld?

Von Jakob Wetzel

Es ist eine Frage, der sich die Kirche stellen muss, seit sie Geld hat, also im Grunde von Anfang an. Wie verträgt sich Reichtum mit dem Ideal einer "armen Kirche für die Armen", wie es Papst Franziskus jetzt wieder fordert? Schon im Mittelalter hielten Bettelorden der Amtskirche den Spiegel vor, auch in München. Spätestens 1257 siedelten Franziskaner am Anger, später zogen sie an den heutigen Max-Joseph-Platz. 1294 ließen sich auch Augustiner-Eremiten in der Stadt nieder, weitere Orden folgten. Sie lebten in Armut, und die Kirche beäugte sie argwöhnisch, besonders zu Beginn.

Wie sehr Geld an der Glaubwürdigkeit nagt, zeigt sich auch heute, wiederum in München: Der Alte Peter, mittlerweile eine Innenstadtkirche mit kleiner Gemeinde, aber prächtigem Inneren und beliebtem Aussichtsturm, lässt sich nur ungern in die Bücher schauen. Und das katholische Erzbistum München und Freising, das Jahr für Jahr einen Haushalt in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro - 2015 waren es 735 Millionen - veröffentlicht, steht, ebenfalls Jahr für Jahr, unter Rechtfertigungsdruck. Dabei ist in dieser Summe noch nicht enthalten, was die Pfarreien umsetzen, der erzbischöfliche Stuhl, die Caritas und alles andere, was gemeinhin als Kirche gilt. Bei der evangelischen Landeskirche summiert sich der Haushalt 2015 auf 856 Millionen Euro.

Doch die Zahlen dürfen den Blick nicht dafür verstellen, dass die Kirchen einfach große Institutionen mit entsprechend hohen Kosten sind, vor allem für Personal wie Erzieherinnen, Priester und Lehrer sowie für den Gebäudeunterhalt. Und die Kirchen sind zentralistischer organisiert und weniger eng mit dem Wirtschaftsleben verflochten als früher. Pfarrer etwa werden heute zentral von Bistum oder Landeskirche bezahlt. Pfarreien finanzieren sich nicht mehr durch Bündel an Stiftungen und Gebühren, sondern primär über die Kirchensteuer, die in Bayern seit 1892 erhoben wird. Und auch diese wird zentral kassiert und dann in Teilen auf die Pfarreien umgelegt.

Diese zentrale Organisation macht die Kirchen strukturierter, sorgt aber auch dafür, dass die Kirchensteuer die zentralen Haushalte aufbläht: Erzbistum und Landeskirche bestreiten mit ihr jeweils rund drei Viertel ihrer Einnahmen. Das Geld und mit ihm die Glaubwürdigkeit der Kirche sind heute also auch eine Frage der Organisation.

© SZ vom 29.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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