Önder Yildiz zeigt mit seiner linken Hand immer wieder auf die Zeitung vor ihm. Die Mittwochsausgabe der türkischen Hürriyet liegt auf seinem Schreibtisch. In der rechten Hand hält Yildiz, Mitglied des türkisch-islamischen Kulturvereins Ditim, einen Telefonhörer und spricht mit einem aufgeregten Mitglied, das den Artikel über die in München geplante Moschee am Gotzinger Platz auch gelesen hat und nun nachfragt. Hürriyet berichtet, dass das Projekt wegen der Finanzprobleme vor dem Aus steht.
Das will Yildiz im Vereinsheim an der Schanzenbachstraße aber nicht bestätigen. "Wir hatten am Sonntag eine Mitgliederversammlung und haben über das Thema diskutiert, jedoch nicht beschlossen, das Vorhaben aufzugeben." Sie wollen jetzt erst einmal abwarten, aber "die Stimmung ist schon getrübt".
"Froh, dass das Thema vom Tisch ist"
Das ist am Mittwochvormittag auf dem Gotzinger Platz, wo die Moschee hätte gebaut werden sollen, anders. Der Metzger an der Ecke zur Thalkirchner Straße sagt: "Ich bin froh, dass es so gekommen ist, sonst wäre die Parkplatzsituation hier noch schlimmer geworden, als sie eh schon ist." Eine Frau, die seit 35 Jahren im Eckhaus am Gotzinger Platz lebt, sagt dagegen: "Mich hätte die Moschee hier nicht gestört, mir war sie nur zu groß geplant." Eine kleine Moschee, nur für das Viertel, das hätte die 68-Jährige begrüßt. "Aber ich bin froh, dass das Thema jetzt vom Tisch ist, denn die Diskussion wurde ja teilweise schon sehr ruppig geführt."
Ein Mann sitzt auf einer Bank des Platzes in der Sonne. "Ich hätte auch mit einer großen Moschee kein Problem gehabt", sagt der 50-Jährige. Das hätte doch zum Viertel gepasst, sagt er. "Sendling ist ein Multi-Kulti-Viertel, da wäre doch der Platz hier mit der katholischen Kirche auf der einen Seite und der Moschee auf der anderen Seite wunderbar gewesen und hätte zum Zusammenleben beigetragen." Er glaubt, dass es mit Moschee noch schöner geworden wäre.
Auch die Gäste des Dönerstands an der Gotzinger Straße hätten sich auf das Bauwerk gefreut. Der 25-jährige Türke Emrah sagt: "Ich gehe normalerweise immer in das Gebetshaus in der Schanzenbachstraße." Eigentlich sei es ihm egal, wo er bete, aber im Gebetshaus sei es einfach zu eng geworden.
Im Gemüseladen nebenan steht Yigit an der Kasse. Der 60-jährige türkische Rentner ist der Meinung, dass die geplante Moschee zu groß gewesen wäre. "Das Problem ist aber auch, dass das Gebetshaus zu klein ist." In ein paar Jahren hätte die geplante Moschee genau die richtige Größe, sagt er lachend. "Denn die türkischen Familien bekommen ja auch Zuwachs." Der geht dann zum Beispiel in die Grundschule am Gotzinger Platz.
Ungeübt im Umgang mit anderen Kulturen
Klaus Wohlmann, der Schuldirektor, hatte sich "schon darauf eingestellt, dass die Moschee gebaut wird". Auf der einen Seite blieben der Schule nun Konflikte erspart, auf der anderen Seite hätte die Moschee vor der Tür den Schülern auch genützt. Denn noch sei man ja hierzulande ungeübt darin, mit anderen Kulturen richtig umzugehen. "Das wäre eine Gelegenheit gewesen, sich mehr mit dieser Kultur zu befassen."
Helga Schandl von der Initiative "Bürger für München", die vehement gegen das Projekt gekämpft hat, ist skeptisch. "Ich glaube das noch nicht ganz", sagt sie, "aber es wäre schön, wenn es so kommen würde." Denn die Stadt könne sich so viel Geld sparen. "Der Verein hat ja eine Bleibe und könnte sich diese schön herrichten", ist ihr Vorschlag. Für Önder Yildiz vom türkisch-islamischen Kulturverein ist das die zwangsläufige Alternative. Er sagt: "Dann werden wir wohl hier auf dem Grundstück an der Schanzenbachstraße umbauen."