Rathaus:Streitkultur

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Förderung für Chöre und Kinos: CSU blockiert, SPD schäumt

Von Michael Zirnstein

Man kann als Stadtrat kaum etwas falsch machen, wenn man im Kulturausschuss mehr Kultur fordert - in der Regel sind alle dafür. Nun gibt es allerdings auch im vielleicht trautesten aller Rathausgremien Knatsch: Die SPD-Fraktion wollte in der jüngsten Sitzung noch rechtzeitig vor Meldeschluss zum Haushalt 2018 drei ihrer momentanen Lieblingsprojekte beschließen lassen: Erstens die "Laienchöre stärken", damit sie in "qualitativ sehr guten Konzertprojekten" mehr selten zu hörende Werke auf die Bühne bringen können. Zweitens ein zweites Stipendium für Kinder- und Jugendliteratur ausrufen. Drittens den Filmkunstkinos mehr Hilfe gewähren. Hobbysänger, Kinder, Kinogänger - da hat sicher keiner etwas dagegen.

Und doch zog der Regierungspartner nicht mit: Die CSU beantragte eine Vertagung der Punkte. Die Begründung von Fraktionssprecher Richard Quaas: Persönlich unterstütze er die Vorschläge freilich, es bestehe aber noch Beratungsbedarf mit den eigenen Finanzpolitikern aufgrund dieser "ausgabenintensiven Beschlüsse". Man kann das nachvollziehen. Zumal auch die Stadtkämmerei angesichts der freiwilligen Leistungen von 6000 Euro für die Literatur, 43 000 Euro mehr für die Chöre und 20 000 Euro zusätzlich für die Programmkinos seine Zustimmung verweigert.

Einige Sozialdemokraten sind nun "stinksauer" auf die CSU wegen der Blockiererei. Das Zerwürfnis habe schon beim CSU-Antrag zur Rettung des Metropoltheaters begonnen, heißt es bei der SPD. Mit so einer Hilfsaktion hätte sich jeder profilieren können, deswegen gelte bei solchen Themen die Übereinkunft, sie gemeinsam voranzutreiben. "Aber der Herr Quaas schreibt selbst einen Antrag!" Nun spekuliert die SPD auch, woran die koalitionsinterne Kommunikation diesmal gescheitert ist - der Verdacht fällt auf die "Rising Stars". Quaas habe wiederholt darum gebeten, diese Talent-Schau gemeinsam zu fördern. Einige SPD-Stadträte finden aber, die Klassikreihe passe "nicht ins Portfolio der Stadt" und lehnten - auch aus Kostengründen - ab. "Uns jetzt als Retourkutsche mit der Vertagung unter Druck zu setzen, ist schon eine ganz neue Nummer", ärgert man sich bei der SPD.

Richard Quaas gibt die Kritik zurück und fordert eine "Bereitschaft zur gegenseitigen Fairness". Die SPD lehne viele kulturpolitische Anliegen der CSU aus unerfindlichen Gründen ab. "Da wir uns nicht wie grüne - was die SPD wohl so gewohnt ist - Schulkinder behandeln lassen, sind wir jetzt eben auch so kritisch." Die "Rising Stars" seien "beste Nachwuchsförderung" und ein "Kunstgenuss für den kleinen Geldbeutel", würden aber von Teilen der SPD als unnötige Förderung elitärer Hochkultur gebrandmarkt. "Elitär ist hier nur die Einstellung gewisser Münchner SPD-Kreise, die ihren Kulturbegriff als allein selig machend ansehen und ausschließlich wie früher schon Klientelpolitik zu betreiben versuchen", sagt Quaas.

Von einer Koalitionskrise im Rathaus kann noch keine Rede sein. Wohl aber scheint im Kulturausschuss eine neue Streitkultur einzuziehen.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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