Rathaus:Schlechtes Geschäft

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Im Bürgerbüro des Kreisverwaltungsreferats werden Aufgaben wie die Passausstellung erledigt, die der Staat den Kommunen übertragen hat. (Foto: Stephan Rumpf)

Nur gut ein Drittel der Leistungen, die der Staat auf die Stadt abwälzt, finanziert er auch

Von Heiner Effern

Mal schnell einen neuen Pass im Kreisverwaltungsreferat ausstellen lassen. Oder in der Kabine ein Kreuzchen bei der Bundestagswahl machen, an der Grundschule ums Eck. Alltag in der Stadt, organisiert von der Stadt, doch warum eigentlich? Kommunen wie München übernehmen viele Pflichten des Staates, die er ihnen per Gesetz übertragen hat. Doch jedes Jahr muss die Stadt feststellen: Bei der Übertragung von Aufgaben ist der Staat sehr großzügig, bei der Vergütung nicht. In München zahlt er gerade mal für gut ein Drittel der Leistungen, die er abwälzt. Jedes Jahr gehen der Stadt so etwa 80 Millionen Euro verloren. Außer Zähneknirschen und stets vergeblichen Versuchen, das zu ändern, können Stadträten nichts dagegen tun.

Die Grünen haben nun aber doch einen Vorstoß dagegen unternommen. Auf ihren Antrag hin forderte der Stadtrat am Dienstag Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf, über eine Intervention beim bayerischen Städtetag die Staatsregierung zu einer besseren Zahlungsmoral zu bewegen. Schließlich zahle man für die Leistungen, die sie der Stadt übertragen hat, jedes Jahr drauf. "Rechnet man dazu noch das Geld, das wir für Lehrer ausgeben und auch nicht zurückbekommen, fehlt uns jedes Jahr ein dreistelliger Millionenbetrag", sagte Grünen-Fraktionschef Florian Roth. "Damit könnte man in den kommenden Jahren die drohenden neuen Schulden vermeiden."

Im Zorn auf den Staat sind sich die Fraktionen im Finanzausschuss einig. "Es ist nicht nachzuvollziehen, warum wir die Kosten nicht in vollem Umfang bekommen", sagte SPD Finanz-Experte Hans Dieter Kaplan. Sein CSU-Kollege Michael Kuffer hat auch Schmerzen, wenn er an das fehlende Geld denkt. "Das kann einem Kommunalpolitiker nicht gefallen." Auch wenn es den Städten und Gemeinden in Bayern noch besser ergehe als in anderen Ländern. Große Hoffnung, dass seine Parteifreunde im Landtag seinem Frust nachgeben, hat er nicht. Auch wenn Grünen-Politiker Roth ihn anspornt, unter CSU-Kollegen für eine Änderung zu werben.

Das Problem an den ausbleibenden Zahlungen des Staats ist nämlich, dass dieses dürre Entgelt nach derzeitiger Lage gesetzeskonform ist. Geregelt wird es über eine Pauschale, München erhält wie andere kreisfreie Kommunen 33,40 Euro pro Einwohner. So nahm der Kämmerer in den Jahren 2012 bis 2015 im Durchschnitt 46,4 Millionen Euro ein. Benötigt hätte er etwa 125 Millionen. Eine Änderung steht auch nach einer Intervention Reiters nicht in Aussicht. Also wird die Stadt weiter dem Staat pro Jahr knapp 10 Millionen Euro für Aufgaben im Gesundheitsbereich schenken. Jeweils gut vier Millionen Euro bei der Bauaufsicht und für Leistungen bei Sicherheit und öffentlicher Ordnung. Knapp elf Millionen zahlt die Stadt bei der Betreuung von Asylbewerbern drauf, dreieinhalb beim Umweltschutz. Es gibt aber auch ein paar Aufgaben, die mehr Geld einbringen als sie verschlingen und so diese Bilanz abfedern. Die Verkehrsüberwachung kostet die Stadt pro Jahr etwa 17 Millionen Euro. Die Einnahmen belaufen sich auf 23 Millionen Euro. Doch diese sechs Millionen Euro Gewinn, sie trösten im Stadtrat niemand. Weil sie in der Gesamtsumme wirkungslos verschwinden.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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