Als Alexander Dietrich aus dem Sitzungssaal kommt, wie immer im Anzug und mit akkuratem Seitenscheitel, da weiß er bereits, dass nicht mehr viel passieren kann. Natürlich sagt er nicht, dass er am 27. Januar zum neuen Personalchef der Stadt gewählt werden wird. Das wäre schlechter Stil, den will er sich auf keinen Fall nachsagen lassen. Also erklärt der 40 Jahre alte CSU-Stadtrat, dass er selbst mit dem Verlauf seiner Vorstellung vor dem Personal- und Verwaltungsausschuss "ganz zufrieden ist". Nun gelte es den Auftritt seiner drei Mitbewerber und das Feedback abzuwarten. Eine lange Schamfrist ließ die CSU nicht verstreichen. Wenige Minuten nach der Sitzung legte sie sich auf ihren Kandidaten fest. "Alexander Dietrich hat sich heute auf sehr überzeugende Art und Weise beworben. Er war objektiv betrachtet der mit Abstand stärkste Bewerber", erklärte Bürgermeister Josef Schmid (CSU).
Da die CSU laut Regierungsvertrag mit der SPD das Vorschlagsrecht hat, wird Dietrich wohl Nachfolger des jetzigen Personalreferenten Thomas Böhle. Dieser wird als Chef ins Kreisverwaltungsreferat wechseln. Die SPD wird sich bei der Abstimmung im Stadtrat nicht verbiegen müssen.
Der Abstand von Dietrich zu den anderen Bewerbern sei sehr groß gewesen, sagt Stadträtin Bettina Messinger. "Wir können ihn guten Gewissens wählen." Die Grünen halten Dietrich ebenfalls für qualifiziert, kritisieren aber das Verfahren: "Aus unserer Sicht stand Herr Dietrich schon seit langem fest. Das Verfahren als offen darzustellen, ist eine Farce", sagte Fraktionschef Florian Roth. Im Übrigen wollten die Grünen eine radikale Verwaltungsreform und so am liebsten das künftige Referat von Dietrich abschaffen.
Das wird Dietrich nicht sonderlich beeindrucken, er kennt politische Rituale: Der designierte Personalreferent durchlief eine klassische CSU-Karriere. Er trat in die JU ein und gehörte dem Münchner Führungszirkel an. Daneben engagierte er sich während seines Jurastudiums im Ring Christlich-Demokratischer Studenten. In dieser Zeit und auch im Frühjahr 2015 unterstellten ihm Mitglieder seiner Partei, sehr zielstrebig und mit nicht immer sauberen Methoden seine Karriere befeuern zu wollen. Dietrich wies diese Vorwürfe stets zurück. Im Oktober 2013 rückte er für die neu gewählte Landtagsabgeordnete Mechthilde Wittmann in den Stadtrat nach. Im Jahr 2014 wurde er direkt in das Gremium gewählt. Seither ist er Sprecher der CSU im Personal- und Verwaltungsausschuss.
Diese politische Ausrichtung passt zur beruflichen Laufbahn. Nach dem Studium arbeitete Dietrich als Staatsanwalt und später als Richter am Amtsgericht, ehe er im Jahr 2010 in die Landtagsfraktion der CSU wechselte. Vier Jahre beschäftigte er sich dort als Referatsleiter mit Fragen des öffentlichen Dienstes, eher er nach seinem Einzug in den Stadtrat ans Amtsgericht zurückkehrte. Seine Unabhängigkeit als Richter könnte er vermissen, sagt Dietrich, aber der Job in der Stadt sei reizvoll. Gerade in seiner Zeit im Landtag habe er eine "große Affinität" zum Beamten und Tarifrecht entwickelt.
Dietrich will sich als Personalreferent nicht nur mit rein juristischen Dingen beschäftigen. Das machte er auch in seinem Kurzreferat vor dem Ausschuss deutlich. "Eine der größten Herausforderungen wird es sein, wie wir das Wachstum der Stadt personell bewältigen werden", sagt er. Konkret müsse die Stadt schneller bei Einstellungen werden und ihren Mitarbeitern solche Konditionen bieten, dass sie trotz ständig steigender Lebenshaltungskosten in München bestehen könnten.
Noch stellt er am Mittwoch alles unter den Vorbehalt seiner Wahl. Doch der Wandel vom ehrenamtlichen zum berufsmäßigen Stadtrat ist nur noch ein formaler Schritt. "Heute haben wir ganz klar den neuen Personalreferenten der Landeshauptstadt München erlebt", erklärte Dietrichs Fraktionskollege Michael Kuffer nach der Sitzung.