Rathaus:Die Angst vor einem Nein aus Brüssel

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Bei der geplanten Sanierung der Münchner Märkte taucht ein neues Problem auf: Es könnte sich um EU-rechtlich verbotene Subventionen handeln. Die Stadträte sind alarmiert, ein Planungsstopp droht

Von Dominik Hutter, München

Bei der geplanten Sanierung der städtischen Märkte könnte es Probleme mit dem europäischen Beihilferecht geben. Das Kommunalreferat hat ein Rechtsgutachten bei einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Auftrag gegeben. Konkret geht es darum, ob die Stadt die Händler auf dem Schwabinger Elisabethmarkt unzulässigerweise subventioniert, indem sie öffentliches Geld in den Neubau der Häuschen investiert. Zwar geht Behördenchef Axel Markwardt davon aus, dass die Prüfung zu Gunsten der Stadt ausgeht, die den Marktkaufleuten ganz bewusst keine kostendeckende Pacht abknöpfen will. Sollten die Rechtsexperten jedoch zu einem anderen Schluss kommen, stünden neben der Sanierung des Elisabethmarkts die Pläne für sämtliche anderen Münchner Märkte zur Disposition: für Viktualienmarkt und Großmarkthalle ebenso wie für die Buden am Wiener Platz und in Pasing.

Im Kommunalausschuss des Stadtrats wird das Problem sehr ernst genommen. CSU-Stadträtin Kristina Frank drängte am Donnerstag auf einen raschen Abschluss des Gutachtens - denn sonst könne man sich die ganze Debatte sparen. Allerdings fürchtet SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, dass es dafür noch zu früh ist. "Diese Frage kann man erst beantworten, wenn eine belastbare Kostenschätzung vorliegt". Reissl ist überzeugt, dass ohne den Einsatz von Steuergeld kein einziger Münchner Markt saniert werden kann. Die Händler könnten mit ihrem Sortiment keine höheren Summen erwirtschaften.

Bei der Prüfung geht es um eine knifflige Frage: Gehört es zur Daseinsvorsorge für die Münchner, wenn die Stadt zu vergünstigten Konditionen Märkte betreibt? Markwardt findet: Ja, denn die Märkte erfüllten wichtige soziale Funktionen für die Stadtgesellschaft. Sie dienten nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Ratschen, Diskutieren und Politisieren. Wenige Orte seien so mit ihrem Stadtviertel verknüpft wie die Märkte, die für Tradition und Lebensart stünden, steht in der Beschlussvorlage. Eine kostendeckende Pacht, davon sind Stadtrat wie Verwaltung überzeugt, wäre das Ende dieser Institutionen - zumindest in ihrer heutigen Form.

Markwardt hatte sich am Donnerstag eigentlich einen Auftrag des Stadtrats für die weiteren Planungen erhofft. Dazu kam es aber nicht, der Beschluss wurde in die Vollversammlung am 5. April vertagt. Initiatorin war die CSU, die mit Verweis auf den heftigen Protest einer Bürgerinitiative noch einmal die Sinnhaftigkeit eines Teilerhalts der Budenstadt ausloten will. Nach den Plänen Markwardts sollen die aus der Nachkriegszeit stammenden Verkaufsstände abgerissen und durch geschickter platzierte Neubauten ersetzt werden - behutsam, damit der Charakter des Marktes nicht verloren geht. Dagegen wehren sich Schwabinger Bürger vehement. Zum Entsetzen des Bezirksausschussvorsitzenden Walter Klein (SPD), der auf einen einstimmigen Beschluss seines Gremiums verwies, dröselte die CSU die Pläne mit einem ausführlichen Fragenkatalog noch einmal auf. Kernpunkte: Ist der Abriss wirklich notwendig und wurden auch Alternativen geprüft? Diese Aspekte freilich, so kritisierten SPD und Grüne, seien in den vergangenen Monaten ausführlich zur Sprache gekommen, viele Antworten längst bekannt. Kommunalreferent Markwardt will den CSU-Katalog nun bis zum Plenum schriftlich beantworten.

Die Debatte wurde teilweise in gereizter Stimmung geführt. Reissl und der Sitzungsleiter, Bürgermeister Josef Schmid (CSU), gerieten mehrfach aneinander - die gegenseitigen Vorwürfe in der Bierpreisdebatte haben die Stimmung zwischen den Bündnispartnern offenkundig auf den Nullpunkt gebracht. Allerdings gilt auch das Thema Elisabethmarkt inzwischen als hochemotional. Als Schwabinger Markt-aktivisten auf der Zuschauertribüne verbotenerweise Beifall für die Äußerungen der CSU bekundeten, unterband Reissl dies sofort und warf der Bürgerinitiative vor, es beim Sammeln von Unterschriften gegen die Marktsanierung mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Es sei schlicht falsch, dass die Stadtsparkasse auf dem angrenzenden Grundstück Luxuswohnungen errichten wolle. Vielmehr gehe es um einen "vernünftigen Mix von öffentlich geförderten Wohnungen". Schmid wiederum verbat sich den Rüffel Reissls in Richtung der Tribüne. Die Sitzungsleitung obliege dem Bürgermeister.

Der Stadtrat wird sich noch häufiger mit dem Elisabethmarkt befassen, der geplante Beschluss im Plenum ist noch nicht der finale Auftrag für Bauarbeiten. Die Zeit drängt allerdings. Markwardt will die Marktsanierung unbedingt gleichzeitig mit dem Neubau des benachbarten Sparkassen-Wohnhauses abwickeln. Zwischen Mitte 2019 und Herbst 2021.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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