Rassistische Hetze und Morddrohungen gegen Zornedings Pfarrer:Schluss mit den Verharmlosungen

Lesezeit: 4 min

Eine Großdemonstration in Zorneding für Toleranz und gegen Rassismus - die Reaktion auf rassistische Hetze und Morddrohungen gegen den Pfarrer. (Foto: AFP)

"Solidarität und Versöhnung" vom 10. März, " ,Unser Vorgehen war richtig' " vom 9. März, "Der vertriebene Pfarrer von Zorneding" und Kommentar "Im christlichen Bayern" vom 8. März, "Pfarrer gibt nach Morddrohungen auf" vom 7. März:

"Normaler Prozess?"

Weil ich mich befangen fühle, habe ich mich bisher in die öffentliche Diskussion über das Geschehen in Zorneding nicht eingeschaltet. Aufgrund von schon damals diskriminierenden Äußerungen der seinerzeitigen Ortsvorsitzenden Boher und wegen ihres Führungsstils bin ich 2014 in einen anderen Ortsverband gewechselt, nachdem mein Bemühen, eine offene Opposition aufzubauen, erfolglos war. Jetzt länger zu schweigen, wäre jedoch ein falsches Signal. Insbesondere nach der von der SZ zitierten Stellungnahme Bohers in Spiegel Online zum Rückzug des Zornedinger Pfarrers: "Im Leben gibt es immer Ankünfte und Gehen. Das ist ein normaler Prozess.".

Nichts ist da "normal"! Und alle Demokraten müssen sich dafür einsetzen, dass Vorgänge wie jetzt um Zornedings Pfarrer niemals "normal" werden. Von der Verfasserin jenes Artikels im "Zorneding Report", der rechten Beifall, rechte Hetze ausgelöst und somit den Boden für das aktuelle Geschehen bereitet hat, hätte ich einen anderen Kommentar erwartet: ein Bedauern über die Folgewirkungen ihres Artikels, eine klare Distanzierung von allen Drohungen, Mitgefühl mit dem davon betroffenen Pfarrer - kurz: eine menschliche Regung eben. Stattdessen begegnet mir in Bohers Stellungnahme ein unglaubliches Maß an Kaltschnäuzigkeit, frei von jeglichem Gefühl, frei auch von Selbstreflexion. So hat sich Frau Boher für jeglichen demokratischen Diskurs disqualifiziert. Peter Maicher, Zorneding

Aufstehen

Nach den Ereignissen in Zorneding um Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende: Wird es nicht endgültig Zeit, dass alle Anständigen aufstehen in unserem Land? Gegen die sozial Verrohten, und ihnen sagen, dass die Flüchtlinge und Asylbewerber, die zu uns kommen, in der Regel anständiger seien als sie? Dass diese keinen Deutschen in den asozialen Medien beleidigten und diffamierten? Auch keine Behausungen anzündeten und dabei johlten, wenn sie brennen? Und dass es heuchlerisch sei, nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln ausländische Männer pauschal als Vergewaltiger zu schmähen, und zugleich an Stammtischen zotigste Witze über Frauen zu reißen? Josef Gegenfurtner, Schwabmünchen

Der Mob und die Heuchler

Das "Schöne", besser gesagt: das Teuflische an der subtilen Hetze ist ja, dass man anschließend immer wieder seine Unschuld beteuern kann. Man wollte sozusagen nur mal etwas klargestellt haben. Das "Grobe" erledigt daraufhin der Mob oft genug automatisch. Wenn dann ein Pfarrer aus Angst seine Pfarrei verlassen hat, fällt es leicht, sich zu entrüsten und Rassismus zu verurteilen. Der "Fall Zorneding" ist übrigens nicht, wie Matthias Drobinski schmeichelnd auf der Meinungsseite schreibt, ein Einzelfall. Pfarrer aus dem Ausland werden in unserem Bayernland des öfteren zumindest verbal angegriffen. Worin besteht denn eigentlich noch das "christliche Abendland"? Wer will in Bayern noch Pfarrer haben? Wozu sind die Pfarrer da? Um bei zahlreichen Festen einen feierlichen Rahmen abzugeben und die Bevölkerung brav zu halten? Oder darf ein Pfarrer auch eine eigene Meinung vertreten und sich für Flüchtlinge einsetzen? Warum, so frage ich, ist Frau Boher bei der CSU? Ihre Gesinnung dürfte ja weder christlich noch sozial sein. Dr. Willi Wegele, Odelzhausen

Wo blieb Kardinal Marx?

Zufall oder nicht: Erst am Samstag, 6. März, in der SZ der Bericht über "Dunkeldeutschland", am darauf folgenden Montag berichtet die SZ "Pfarrer gibt nach Morddrohungen auf". Was passiert? Das Erzbischöfliche Ordinariat München nimmt den Rücktritt an und gibt eine Presseerklärung heraus. Wird darin wirklich etwas erklärt? Eine spontane Aktion der Hilfe und Unterstützung wäre angebracht gewesen, zum Beispiel durch die Mitbrüder und vor allem von dem obersten Mitbruder, Kardinal Marx! Was wäre das für ein Zeichen gewesen, wenn zu der Vorabendmesse, nach der der Pfarrer "fällig" gewesen sein sollte, Kardinal und Priester um den Altar gestanden hätten zur gemeinsamen Eucharistiefeier? In Anlehnung an den SZ-Artikel "Dunkeldeutschland" fällt es dennoch schwer, nicht an die Weimarer Zeit und 1933 zu denken. Walter Lorang, Ortenburg

Respekt und beste Wünsche

Wo leben wir eigentlich? Diese dummen und unterprivilegierten Menschen sollten daran denken, dass unsere Kirche dringend Personal benötigt, das aber nicht mehr aus unserem Land rekrutiert werden kann, weil uns die Kräfte fehlen. Aber so intelligent sind diese Schreiberlinge ja nicht. Unsere Enkeltochter in Ampfing wurde vor zwei Jahren von einem katholischen Pfarrer aus Madras getauft. Er hat die Taufe großartig gestaltet, es war wunderschön. Er hat Heimweh, ihm ist kalt, aber es ist seine Aufgabe, und die nimmt er von Herzen wahr. Und so geht es auch Pfarrer Olivier. Ich wünsche ihm alles Gute und eine Gemeinde, die einfach freundlicher mit ihm umgeht. Uta Widmann, Baldham

Bayerischer Alltag

Man muss im christlichen Bayern nicht farbig sein, um von einer Gruppe diffamiert, bedroht (und tätlich angegriffen) zu werden. Behindert zu sein (und Frau zu sein) genügt. Derart menschenverachtendes Verhalten ("wir kriegen dich hier schneller raus, als du gucken kannst!") gehört seit Jahren zu meinem Elektro-Rollstuhl-Wohnalltag. Annette Gümbel-Rohrbach, München

Eine Aufgabe für alle Parteien

Mein Zorneding, wie tief bist du gesunken! Ich schäme mich für Dich aus traurigstem Herzen, dass Du meine Gemeinde bist. Die Erschütterungen um die unglaublichen Ausfälle gegen den katholischen Pfarrer haben Südafrika erreicht. Hier, wo alle Hautfarben, Religionen und Stämme in der Rainbownation friedlich zusammen leben, steigt in mir Ungläubigkeit und Wut gegen einen Anonymus aus dem sonst so idyllischen Zorneding auf, und hat mich - weit in der Ferne - in eine Art Schockstarre über so viel Intoleranz und krimineller Energie versetzt. Ich verbringe als Wahl-Zornedinger seit vielen Jahren die Sommermonate hier, und es fällt mir schwer, mit dem Pfarrer Ndjimbi-Tshiende so viel Mut zur Vergebung aufzubringen, wie er sich dies auferlegt hat. Ein No Go ist überschritten worden, wofür die/der Täter unerbittlich zur Verantwortung gezogen werden müssen.

Zorneding hat seine Unschuld und seinen Pfarrer verloren! Die verlorene Reputation zurückzugewinnen, ist nicht die Aufgabe einer einzelnen Partei - sie ist die Aufgabe aller aufrechten Demokraten und Bürger, die auch in Zorneding immer noch eine stille Mehrheit haben. Das wird nicht über Nacht gehen, Nachhaltigkeit ist von Nöten, diese Herkulesaufgabe zu stemmen. Ich komme im Sommer wieder, aber jetzt werde ich wachsamer sein: "Wehret den Anfängen..." Frank-R. Billigmann, Kapstadt/Südafrika

Leserbriefe stellen keine redaktionelle Meinungsäußerung dar, dürfen gekürzt und digital veröffentlicht werden. Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Das Leserforum des SZ-Ressorts "München-Region-Bayern" erreichen Sie per E-Mail unter forum-region@sueddeutsche.de

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: