Räuberische Erpressung:Pistole statt Fahrpreis

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Ein Mann bedroht einen Taxifahrer, um nicht zahlen zu müssen. Dafür wird er zu fast drei Jahren Haft verurteilt

Von Christian Rost

Wenn er gewartet und die Trambahn genommen hätte, wäre Minh T. vermutlich zu spät nach Hause gekommen. Dann hätte er zwar Ärger mit seiner Frau bekommen. Weil er sich stattdessen aber in ein Taxi setzte und den Fahrer bedrohte, kam der 24-Jährige an jenem Tag überhaupt nicht zu Hause an. Er wurde festgenommen und sitzt seit dem 23. Oktober 2015 in Untersuchungshaft. Im Gefängnis wird er auch noch eine Weile bleiben müssen.

Die 10. Strafkammer am Landgericht München I verhandelte am Montag diesen Fall von schwerer räuberischer Erpressung. Minh T. räumte die Tat ohne Umschweife ein. Er war nach der Arbeit als Küchenhilfe im Lokal seines Stiefvaters zunächst in seine Pasinger Wohnung gegangen. Seine Frau war noch unterwegs, er langweilte sich alleine. Schließlich fuhr er zur Diskothek Neuraum an der Hackerbrücke. Dort angekommen stellte er fest, dass er seinen Geldbeutel nicht mitgenommen hatte. Zudem wurde ihm klar, dass seine Frau einen Disco-Besuch wohl nicht gutheißen würde. T. entschied sich, besser wieder heimzufahren. Eine Weile wartete er an der nahegelegenen Haltestelle auf die nächste Tram. Doch die kam nicht. Als ein Taxi vorbeifuhr, winkte T. es heran und setzte sich auf die Rückbank. 17,30 Euro kostete die Fahrt bis zum Pasinger Bahnhof. Dort hatte T. sein Fahrrad abgestellt. Der Taxifahrer drehte sich am Ziel angekommen zu seinem Fahrgast um - und blickte in den Lauf eines Revolvers. Minh T. hatte laut seinem Geständnis von vornherein beabsichtigt, den Fahrer mit der Schreckschusswaffe einzuschüchtern, um dann abhauen zu können, ohne zahlen zu müssen. Der 56-jährige Taxifahrer aber reagierte anders, als T. es erwartet hatte. Er schrie und schlug dem Angeklagten den Revolver aus der Hand. Als T. dann aus dem Auto stürzte, zu seinem Fahrrad rannte und damit flüchten wollte, fuhr ihm der Taxler hinterher und rammte ihn. T. stürzte, sein Verfolger warf sich auf ihn. Während er ihn festhielt und dabei von T. in die Hand gebissen wurde, riefen Passanten die Polizei.

Das Gericht wunderte sich zunächst darüber, warum T. mit einer Schreckschusswaffe herumlief, noch dazu ohne eine Erlaubnis dafür zu besitzen. Minh T. sagte, er fühlte sich von vietnamesischen Landsleuten, die gewaltbereite Gruppen bildeten, bedroht. Deshalb habe er am Tattag neben dem Revolver auch ein Einhandmesser bei sich getragen. Erst 2012 war er verurteilt worden, weil ihn die Polizei mit einem verbotenen Schlagring in der Tasche erwischt hatte. Damals kam er mit einer Geldstrafe davon, diesmal reichte es nicht einmal mehr für eine Bewährungsstrafe, obwohl er beteuerte, dass ihm die Tat leid tue, er sich beim Taxifahrer entschuldigte und ihm 400 Euro Schmerzensgeld anbot.

Die Staatsanwältin berücksichtigte das in ihrem Plädoyer und bewerte den Fall auch nur als minderschwer. Weil der Taxifahrer aber traumatisiert ist nach der Bedrohung und noch heute Angstzustände bekommt, wenn ein Fahrgast hinter ihm sitzt und etwas aus der Tasche hervorholt, forderte die Anklägerin doch eine empfindliche Strafe von dreieinhalb Jahren Haft für Minh T. Verteidigerin Garina Hamel nannte es eine "unsägliche Idee, eine Waffe zu ziehen", ihr Mandant sei aber "naiv" und "dumm" gewesen. Weil seine Frau das zweite Kind erwarte, bat Hamel um eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Das Gericht hielt das nicht für ausreichend. Minh T. muss zwei Jahre und zehn Monate in Haft.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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