Radfahrer in München:Eher Opfer als Täter

"Blaues Wunder" vom 4. April:

Alle Jahre wieder: Zu Beginn der Radlsaison wird die obligatorische Radl-Unfallstatistik der Münchner Polizei beflissen und gerne durch die SZ als Aufmacher präsentiert. Mit Hervorhebung der durch Alkohol verursachten Unfälle. Diesmal sogar vom Präsidenten selbst übermittelt. Ein Fünftel der Radfahrunfälle wurden ohne Fremdverschulden registriert. Bei geräumten Radwegen würde sich dieser Anteil noch deutlich reduzieren. Also bleiben vier Fünftel mit Fremdverschulden Dritter. Das höchste Unfallrisiko für Radler sind also überwiegend andere, unachtsame oder rabiate Verkehrsteilnehmer.

Insgesamt "46 Radfahrer fielen 2015 im Suff vom Rad". Das ist offenbar verkehrspolitisch relevant. Bei guter Witterung sind mindestens 500 000 Radler im Bereich des Polizeipräsidiums München täglich unter zum Teil miesen Bedingungen unterwegs. Da sind 46 Stürze statistisch 0,0009 Prozent. Ganz abgesehen davon, dass es noch immer nicht strafbar ist, vom Rad zu fallen. Ob mit oder ohne Alkohol.

Die Hälfte der 347 dokumentierten alkoholisierten Unfall-Autofahrer haben allerdings jeweils "Personenschäden" an Radfahrern verursacht. Das ist oft langfristig relevant für die Betroffenen. Von den nicht besoffenen Autofahrern, deren Kollateralschäden an Radlern in dieser Statistik gar nicht auftauchen, einmal abgesehen. Die vielen selbsternannten, eigennützigen und gut honorierten "Verkehrsexperten" verengen ständig ihren persönlichen Tunnelblick mit Fokus auf die politisch gewollte stärkere Repression, um mit immer niedriger angesetzten Grenzwerten höhere Einnahmen nun auch bei Radlern zu generieren. Unabhängig davon bleibt festzustellen, dass von Radfahrern faktisch die geringsten Gefahren gegenüber Dritten im Straßenverkehr ausgehen. Erst recht statistisch. Quod erat demonstrandum. Bernhard Schubert, München

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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