Prozess wegen Beratung:Perücke ohne Halt

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Reklamation nach krankhaftem Haarsausfall bleibt erfolglos

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Gesundheitliche Diagnosen gehören nicht zu den Beratungsaufgaben des Verkaufspersonals in Perückengeschäften. Das Amtsgericht München hat die Klage einer unzufriedenen Kundin abgewiesen, der krankheitsbedingt nach dem Kauf die Haare ausgefallen waren und die Perücke deswegen nicht mehr passte. Das hätte die Verkäuferin erkennen müssen, meinte die Kundin. Hätte sie nicht, sagt dagegen das Gericht: "Den Verkäufer einer Perücke trifft keine Beratungspflicht zu medizinischen Sachverhalten, insbesondere zur künftigen gesundheitlichen Entwicklung."

Im April 2013 hatte die 25- jährige Kundin bei einem Münchner Zweithaarstudio eine blonde Echthaarperücke zum Preis von 3500 Euro erworben. Der Verkäuferin waren bei der vorausgegangenen Anprobe schon zwei "etwa Fünf-D-Mark-Stück" große kahle Flecken im Bereich des Hinterkopfes aufgefallen. Ansonsten trug die Kundin schulterlanges Haar. Zum Zeitpunkt des Kaufes saß die Perücke unbestritten perfekt.

Die Perückenkäuferin forderte nun vor Gericht von dem Studio das Geld zurück, nachdem sich der Ladeninhaber geweigert hatte, die Perücke zurückzunehmen. Der Kundin waren nämlich in der Zwischenzeit sämtliche eigenen Haare ausgefallen und die Perücke passte natürlich nicht mehr. Eine kostenlose Nachbesserung deswegen war ihr durch das Geschäft verweigert worden. Die Kundin leidet an einer Autoimmunerkrankung, in deren Folge das Kopfhaar vollständig ausfällt. Die Klägerin behauptet, die Beratung durch die Beklagte sei nicht fachkundig gewesen.

Die Verkäuferin des Zweithaarstudios sagte vor Gericht, von der Erkrankung und den Konsequenzen nichts gewusst zu haben. Sie habe ihre Kundin aber darauf hingewiesen, dass die Passform der Perücke stets nur nach dem gegenwärtigen Zustand des Kopfes und des Eigenhaars gestaltet werden könne.

Der Amtsrichter gab dem Zweithaarstudio Recht: Jeder Käufer trage allgemein das Verwendungsrisiko der Kaufsache. Zum Zeitpunkt des Kaufes habe die Perücke gepasst und keinen Mangel gehabt, stellte der Richter fest. Das Zweithaarstudio habe keine Beratungspflicht verletzt. "Besondere Fachkunde der Beklagten besteht mit Blick auf die technischen Fragen einer Ersatzhaarperücke, aber nicht zu medizinischen Sachverhalten, insbesondere nicht die künftige gesundheitliche Entwicklung bei der Klägerin", erklärte der Amtsrichter.

Das Urteil (Az.: 122 C 15000/13) ist rechtskräftig.

© SZ vom 06.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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