Prozess gegen Jugendliche:Folter in Jugendpension

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Vier Jugendliche sind angeklagt, in einer Jugendpension in der Au einen Gleichaltrigen gequält und sexuell misshandelt zu haben. In dem Haus wohnen in Not geratene Teenager.

Alexander Krug

Die vier Angeklagten im Landgericht haben noch sehr kindliche Züge, und man mag kaum glauben, dass ihnen solche Taten vorgeworfen werden. Im Juli vorigen Jahres soll einer von ihnen, der 18-jährige Enrico D., in einer Jugendpension einen gleichaltrigen Mitbewohner gequält und misshandelt haben.

Wegen Gewalt gegen eine Gleichaltrigen stehen in München vier Jugendliche vor Gericht. (Foto: Foto: dpa)

Der durch Schläge eingeschüchterte junge Mann musste sich hinknien und wie ein Hund bellen, er musste einen Aschenbecher auslecken, sich nackt ausziehen und sich eine Plastikflasche einführen. Zwei mutmaßliche Mittäter von Enrico D. warten derzeit noch auf ihren Prozess, die anderen drei Mitangeklagten im Alter von 16 bis 19 Jahren waren bei der Folter zwar nicht dabei, sie sollen aber bei anderer Gelegenheit mit Enrico D. einen anderen jungen Mann überfallen und beraubt haben.

In der überwiegend von der Stadt finanzierten Jugendpension in der Au werden in Not geratene oder obdachlos gewordene Jugendliche im Alter von 14 bis 21 Jahren vorübergehend aufgenommen. Das Ziel sei, so der Betreiber, den jungen Menschen dabei zu helfen, selbst bei der Lösung ihrer Probleme mitzuwirken.

Am 1. Juli 2008 aber kam es in den Nachtstunden zu dem Vorfall, der nun die Jugendkammer beschäftigt: Der mutmaßliche Haupttäter Enrico D. holte unter Mithilfe von zwei Freunden das Opfer aus seinem Zimmer in den Aufenthaltsraum, wo sie gemeinsam auf den 18-Jährigen einprügelten, ihn würgten oder mit Kopfstößen traktierten. Laut Anklage erniedrigten sie ihr Opfer auf die oben beschriebene Weise und ließen erst nach der Misshandlung mit der Flasche von ihm ab.

Nach Verlesung der Anklage zogen sich die Prozessbeteiligten am gestrigen Dienstag für mehrere Stunden hinter verschlossene Türen zurück. Der von Rechtsanwalt Michael Adams verteidigte Haupttäter Enrico D. kündigte an, ein Geständnis abzulegen. Im Gegenzug wurde ihm eine Strafe von etwa vier Jahren Haft in Aussicht gestellt. Die anderen Angeklagten werden wohl mit geringeren Strafen davonkommen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

© SZ vom 22.04.2009/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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