Proteste gegen Versteigerung :Ein Stück Landshuter Weltbedeutung

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SZ-Leser wenden sich gegen eine Zerschlagung des Ensembles Ganslberg und hoffen, dass die Stadt umschwenkt

"Koenigs Erbe ist bedroht" vom 8. November, "New York, Florenz, Ganslberg" vom 11./12. November, "Der große Ausverkauf" vom 16. November sowie "Auktion vermutlich abgesagt" vom 22. November:

Magie der Vollständigkeit

In seinem bewegenden Artikel beschreibt Hans Kratzer anschaulich die Tragik um die Erhaltung eines zeitgenössischen Kulturerbes. Die Wirkungsstätte des weit über Landshut und Europa hinaus bekannten Bildhauers Fritz Koenig liegt versteckt auf einer Kuppel, umsäumt von Wald im niederbayrischen Ganslberg. Das von dem Künstler und seiner Frau Maria geschaffene Anwesen offenbart sich dem Besucher wie auf einer Schnitzeljagd: Riesige Findlinge, von Hand behauene Objekte und ein gigantischer Holzstadel weisen die Richtung, bis auf einer Lichtung ein paar bronzene Karyatiden die unverkennbare Hand ihres Schöpfers verraten.

Als ich kurz vor seinem Tod und in der bangen Hoffnung, meinen einstmaligen Mentor nach über vierzig Jahren wiederzufinden, ihn an einem sonnig-lauen Winternachmittag aufsuchte, umfing mich die Stimmung dieser Stätte wie ein Traum. Selten beschreibt das lateinische "genius loci" so trefflich einen von Menschenhand verzauberten Platz wie diesen. Hier ist nichts zu viel und nichts zu wenig, eine durch das scharfe und auswertende Auge gewachsene Sammlung paradiesischer Qualität. Die Summe aller Elemente lässt sich nicht auseinanderdividieren, ohne dass die Einzelbestandteile an Magie verlieren.

Ähnlich wie einst bei der Fondation Maeght im französischen Saint-Paul-de-Vence bleibt auch hier zu hoffen, dass die Stadt Landshut die zum Weiterbestand dieser Vision erforderlichen Mittel findet, um die einzigartige Ausstrahlung dieses Ortes einem interessierten Publikum zu erschließen. Bernhard Blauel, London

Leichenfledderer

Fritz Koenig ist unter die Leichenfledderer gefallen! Die Versteigerung von Fritz Koenigs Einrichtung unter dem Titel "Ganslberger Erinnerungen" ist Hohn und Spott. Anscheinend reißen sich schon viel zu lange selbsternannte Freunde und Förderer Teile des künstlerischen Nachlasses billig unter den Nagel. Die jetzt aufgerufenen Einzelteile haben laut Stiftung keinen besonderen Wert - die Stiftung hat anscheinend nicht verstanden, dass durch deren Verlust eine über Jahrzehnte entstandene und gelebte Gesamtkomposition unwiederbringlich zerstört wird.

Weltweit sind die Ateliers und Wohnstätten von Künstlern und Schriftstellern Anziehungspunkte für Kunstbegeisterte - warum ergreift Landshut nicht diese einzigartige Chance? (Der einzige Trost: Koenigs Werk wird all seine Leichenfledderer überleben!) Brigitte Püls, München

Der Koenig von Landshut

Ich bin sprachlos. Ich kann es kaum fassen, welche sizilianisch klingende Geschichte hier mit klaren einfachen Worten aufgedeckt wird.

Ich bekomme den fatalen Eindruck, hier gilt die Methode "Haltet den Dieb". Und dann noch dieses peinliche Einlenken zum Überprüfen der bisherigen Auktionsbeschlüsse. Ich erinnere mich noch gut, als Fritz Koenig gegen die Trassierung der vorbeiführenden Autobahn kämpfte. Unmittelbar bei seinem Wohn-Stallung-Atelier-Ensemble sollten seine Werke ihren idealen Standort unter freiem Himmel finden. Gerade sein besonderes Gefühl zur Landschaft ist hier in Ganslberg ideal dokumentiert. In Verbindung mit dem einzigartigen Skulpturenmuseum im Hofberg ist - juristisch gesehen - der Ermessensspielraum gleich Null, wenn es um den Erhalt dieses Ensembles geht.

Ich hatte lange gehofft, dass die Pflicht zum würdigen Handling des Fritz-Koenig-Erbes im Rahmen der fälligen Wiederbelebung des Skulpturenmuseums von allen Akteuren erkannt wird. Voraussetzung ist aber, dass jeder von seinem eigenen Fritz-Koenig-Ross absteigt, eingebildete Vorteile und Möglichkeiten hinten anstellt, dass alle aufeinander zugehen und gemeinsam den richtigen, endlich auch einen würdigen Weg suchen - und finden. Mit diesem fälligen Einsatz könnte die Herzogstadt die bisher einmaligen Merkmale mit einem würdigen "Koenig-Sitz" ergänzen und abrunden. Es lebe der Koenig! Stephan Hansen, Ergolding-Piflas

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© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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