Protest gegen Umzugspläne für Münchner Landgericht:Wenn, dann sollte das Justizministerium weichen

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Ausweichen an die Peripherie? Keine gute Idee, finden SZ-Leser. Weil es ein falsches Signal wäre, wenn Gerichtssäle schlecht erreichbar sind

Leserbriefe zu den Artikeln über die Umzugspläne für das Münchner Landgericht "Offener Protestbrief an Justizminister Bausback" vom 9. November sowie "Umzugspläne lösen Unruhe am Landgericht aus" vom 24. Oktober:

Ministerium braucht keine Säle

Für die Platzprobleme gäbe es eine ganz einfache, naheliegende und sachgerechte Lösung: Die Verlegung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz aus dem Justizpalast an den Stadtrand oder im Rahmen der in Bayern beliebten Regionalisierung in einen anderen Regierungsbezirk. Das Justizministerium spricht kein Recht, es dient nicht unmittelbar der Rechtspflege und ist mit 205 Mitarbeitern eine kleine, im wesentlichen rein verwaltende Behörde. Das Justizministerium benötigt keine Sitzungssäle.

Das Justizministerium hat kaum Parteienverkehr, während zu den Terminen des Landgerichts täglich Dutzende von Rechtssuchenden und Rechtsanwälten aus ganz Deutschland anreisen. Karl Peter Puszkajler, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a. D., München

Umzug wäre ein falsches Signal

Auf die bedeutsame Rolle der Justiz in der lebendigen, demokratischen Gestaltung eines Rechtsstaats hat zuletzt beispielsweise der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Voßkuhle hingewiesen ( Die Zeit, 26. September 2018). Die geografische Situierung der diese Justiz beherbergenden Institutionen ist deshalb nicht nur ein äußerliches, zufälliges Merkmal.

Seit je wurden für das Gemeinwesen wichtige Bauwerke in Städten prominent mit entsprechender Außenwirkung positioniert. Ende des 19. Jahrhunderts brachte man dieses Bewusstsein den Münchnern mit dem Justizpalast am Stachus zur Anschauung.

Mit der geplanten Verlagerung eines Teils der bisher dort untergebrachten Zivilkammern an die erweiterte Stadtperipherie lässt man nicht nur Gesichtspunkte geografischer Präsenz im Stadtkern außer Acht, sondern verstößt bei dem diskutierten neuen Standort Ramersdorf, Siemens-Areal Balanstraße, und der dort gegebenen schlechten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr überdies gegen die häufig propagierte Bürgernähe öffentlicher Einrichtungen. Schließlich ist ein Gericht kein an die Stadtperipherie verlegbares Gewerbegebiet.

Sicherlich retten Geografie und Architektur eines Gerichtsgebäudes gegebenenfalls den Rechtsstaat nicht, aber sie werden in jedem Fall von den Bürgern auch als Signale des Rechtsstaats wahrgenommen. Prof. Dr. Doreen Huppert, München

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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