Projekt "Triple Win":Tausend Hilfen

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Von den Philippinen an die Isar: Die Caritas beschäftigt Pflegekräfte aus aller Welt. Mitarbeiterinnen wie Jannette Dela Cruz sollen "Wärme und Sonnenschein" in Krankenhäuser und Seniorenheime bringen

Von Sven Loerzer

Neu und ungewohnt war Vieles für Michelle Dela Cruz, als sie vor zwei Jahren nach München kam. Die Sprache zum Beispiel, die sie in Grundzügen noch in ihrer philippinischen Heimat erlernte. Aber im Rückblick sind es dann vor allem das Klima und das Essen, auf das sich die Krankenpflegefachkraft erst umstellen musste: "Wir haben immer nur Sommer auf den Philippinen, keinen Winter. Und ich war nur dreimal Reis täglich gewohnt, nicht Brot." Inzwischen aber findet Michelle Dela Cruz, 30, die im Caritas-Altenheim St. Nikolaus in Schwabing arbeitet, "das Essen hier auch lecker". Auch Jannette Dela Cruz, die nur zufällig den gleichen, weit verbreiteten Nachnamen hat, arbeitet als Pflegefachkraft für die Caritas. Sie ist die 33. Mitarbeiterin, die über das seit vier Jahren laufende Programm "Triple Win" als Pflegekraft zur Caritas kam. Und sie ist zugleich die 1000. Pflegekraft, die im Rahmen des Projekts der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ihren Job in Deutschland angetreten hat. "Ich bin sehr glücklich", sagt die 37-Jährige. Ihre ersten Eindrücke nach drei Wochen sind geprägt von Begeisterung "über die schöne und saubere Umgebung", die "guten öffentlichen Verkehrsmittel" und die "freundlichen Menschen".

Weitere vier Pflegekräfte bereiten sich derzeit noch auf den Philippinen auf die Sprachprüfung beim Goetheinstitut und ihren Einsatz in einem Caritas-Altenheim vor. "Die Zusammenarbeit mit dem Projekt ist eine hervorragende Möglichkeit, motivierte Fachkräfte zu gewinnen", erklärt Doris Schneider, Geschäftsführerin der Caritas-Altenheime. "Die komplexe Abstimmung mit den Behörden in den Ländern wird für uns deutlich vereinfacht." Die Erfahrungen seien sehr positiv, zumal die Pflegekräfte viel Herzlichkeit, Fröhlichkeit und berufliches Selbstbewusstsein mitbrächten: "Ich hoffe, dass das ansteckend ist." Die Philippinen seien überdies sehr katholisch geprägt, "da fühlen sich die neuen Mitarbeiter bei einem katholischen Träger sehr wohl". Noch immer sei aber das berufliche Anerkennungsverfahren, bei dem die Mitarbeiter von dem Projekt Begleitung erhalten, sehr kompliziert.

Das Projekt "Triple Win" sei vor dem Hintergrund der starken Engpässe in der Pflege begonnen worden, sagt Raimund Becker, Vorstand für den Bereich Regionen der Bundesagentur für Arbeit. So kämen auf zehn offene Stelle in der Krankenpflege nur sieben Arbeitslose, in der Altenpflege seien es sogar nur vier Arbeitslose. Das Projekt vermittelte zunächst Mitarbeiter aus Serbien, Bosnien und Herzegowina. Dann kamen die Philippinen hinzu und vor kurzem auch Tunesien.

Die Gewinnung der Arbeitskräfte soll dabei nicht auf Kosten der Gesundheitsversorgung in den jeweiligen Ländern gehen. Maja Bernhardt, Projektleiterin bei der GIZ, nennt das "faire Mobilität" im Sinne der Verhaltensregeln der Weltgesundheitsorganisation: "Wir beachten die Situation in den Herkunftsländern und verzichten darauf, Fachkräfte aus Ländern anzuwerben, die selbst eine Mangelsituation im Bereich Pflege aufweisen." Die vermittelten Arbeitskräfte kämen aus Ländern, wo ein Überhang an Pflegekräften bestehe. Dies bestätigte auch die Botschafterin der Philippinen, Melita Maria-Thomeczek. Fast 300 Krankenpfleger, die trotz einer umfangreichen akademischen und praktischen Ausbildung kaum Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt der Philippinen hätten, könnten nun "Wärme und Sonnenschein in mehr als 30 Krankenhäuser und Altenheime" bringen.

Die Bewohner von St. Nikolaus wissen das durchaus zu schätzen. Hannelore Stürz, 78, für die wegen ihrer Parkinson-Erkrankung schon der kurze Weg vom Stuhl zu ihrem Bett trotz Hilfe oft zu einer furchtbaren Qual gerät, jedenfalls strahlt und lobt: "Michelle ist immer freundlich. Das ist viel wert."

Dabei ist das Leben fern der Heimat und der Familie sicher nicht einfach für Michelle Dela Cruz. Ihren Mann, der als Anwalt beim philippinischen Militär arbeitet, wo sie ihn als Krankenschwester im Militärdienst kennengelernt hat, und ihre Eltern hat sie für den Job zurücklassen müssen. Sie hofft, dass ihr Mann irgendwann auch nach Deutschland nachkommen kann. Einmal im Jahr fliegt sie in die ferne Heimat, und doch sagt sie: "Ich möchte bleiben, solang sie mich hier brauchen." Und mit dem Klima kommt sie inzwischen auch zurecht: "Ich habe mich dem Wetter angepasst."

© SZ vom 01.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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