Pro:Teure Symbolpolitik

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(Foto: N/A)

Das Kernkraftwerk Isar 2 soll länger am Netz bleiben - und die Stadtwerke wollen daran mitverdienen. Alles andere wäre auch ein Unsinn, den sich München nicht leisten kann.

Von Silke Lode

Das Kernkraftwerk Isar 2 soll länger am Netz bleiben - und die Stadtwerke wollen daran mitverdienen. Alles andere wäre auch ein Unsinn, den sich München nicht leisten kann.

"Ab-schal-ten, Ab-schal-ten!", skandierten 50 000 Demonstranten in München, als die schwarz-gelbe Bundesregierung im Herbst 2010 dabei war, den Atomausstieg aufzukündigen. Studenten, Familien und Rentner neben Alternativen und Anzugträgern: Der gesellschaftliche Konsens gegen die Atomkraft war breit. Und er wurde wenige Monate später, nach dem Reaktorunfall von Fukushima, noch breiter. Binnen weniger Tage lenkte auch die Bundesregierung ein, das Ende des Atomzeitalters ist seither hierzulande besiegelt.

Ende 2022 werden die letzten drei Kernkraftwerke - unter ihnen Isar 2 - stillgelegt. Das ist der Kompromiss, an dem nicht mehr gerüttelt werden darf. Die Entscheidung, Isar 2 früher abzuschalten, liegt bei Eon; den Münchner Stadtwerken gehört nur ein Viertel des Kraftwerks. Keine Tonne Atommüll und kein einziger Betriebstag fielen weg, sollten die Stadtwerke früher aus dem Geschäft aussteigen. Anders als beim Kohlekraftwerk im Münchner Norden wäre dieser Schritt reine Prinzipienreiterei, die eine mittlere zweistellige Millionensumme kosten würde. Eine Rechnung, die schlussendlich an den Steuerzahler geht.

München gilt als reiche Stadt, aber so viel Geld einfach zu verbrennen - das ist nicht akzeptabel. Mit Symbolpolitik ist niemandem geholfen. Zumal dafür genug Zeit gewesen wäre, denn die Stadt will seit 1993 aus dem Geschäft mit Atomstrom aussteigen. Ein pragmatischer Kompromiss könnte so aussehen: Die Stadtwerke beteiligen sich am Betrieb des ungeliebten Atommeilers, bis Ende 2022 endgültig der Stecker gezogen wird. Die Gewinne aber nimmt die Stadt selbst in die Hand und investiert sie in Umweltprojekte. Das erhöht die Akzeptanz für die Entscheidung mehr als ein weiterer Windpark der Stadtwerke in der Nordsee.

© SZ vom 26.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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