Preissteigerung bei Ersatz-Philharmonie für Münchner Gasteig:Teure Nachbarschaft in Sendling

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Manchem ist der Interimsbau nicht schön genug, andere sehen sich in ihrer Fundamentalkritik an der Großsanierung bestätigt

"Sendlinger Provisorium" vom 16. Oktober:

Kostspielig, aber nicht schön

Und wieder verbreitete Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner bei seiner Rede zum Richtfest der Gasteig-Interimsphilharmonie in Sendling die unglaubwürdige Behauptung, er habe vor dem Beschluss des Umzugs des Gasteig-Interims nach Sendling, über 30 andere Standorte in der ganzen Stadt geprüft. Wie das ernsthaft in der Zeit von April bis Juni 2017 hätte geschehen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Schlimmer noch ist, dass zum Richtfest die Anwohner, die sich seit über einem halben Jahr mit der lauten Baustelle vor ihrer Tür abplagen, weder eingeladen (das ist in Corona-Zeiten noch verständlich), aber nicht einmal informiert wurden. "Auf gute Nachbarschaft" also - wie der Gasteig dies auf seinem Transparent zur Baustelle verkündet? Ein Hohn.

Die Kosten des Projektes, mit dem man den Stadtrat zunächst mit 90 Millionen geködert hatte, sind nun auf 112 Millionen Euro angewachsen, und man verschwieg nach Recherchen einer Tageszeitung, dass auf dem Gelände doch ölverseuchte Erde dekontaminiert werden musste, obwohl auf Nachfrage des Autors dieses vom Gasteig verneint wurde.

So lügt man sich auch die Gegenwart und die Zukunft schön: Es entsteht eine "Interimsphilharmonie", die eine Dauereinrichtung sein wird, da die Sanierung des Gasteigs in Haidhausen sich wegen der vorgesehenen hohen Kosten erheblich verzögern wird - nicht zu sprechen von der Unfähigkeit der Geschäftsführung, dieses Projekt zielgerichtet anzupacken.

Die gerade entstehende Interimsphilharmonie mag zwar von einem der bekanntesten Akustiker eingerichtet werden, doch der Bau ist in seiner überdimensionalen Kastenform, seiner geplanten grauen (statt begrünten) Fassade und seiner nicht vorhandenen Klimaneutralität als öffentlicher und moderner Kulturbau eine Schande für München.

Man hätte sich als Anwohner und Steuerzahler mehr für sein Geld gewünscht. Dr. Dirk Klose, München

Dieter Reiter findet's gut

Die Gesamtkosten für die "Übergangslösung" der Interimsphilharmonie liegen mittlerweile um 22 Millionen Euro (24,44 Prozent) "deutlich über den anfänglich festgelegten 90 Millionen Euro", also bei zusammen 112 Millionen Euro. Das ist "immerhin knapp ein Viertel (24,88 Prozent) des Betrages von etwa 450 Millionen Euro, der für die gesamte Generalsanierung des Gasteigs eingeplant ist", und Oberbürgermeister Dieter Reiter findet das "richtig und gut". Ein Qualitätsmerkmal der Stadt und der Kultur, die "der Klebstoff der Gesellschaft" sei. In München sei "alles a bissl anders". Na, wenn das so ist...

Michael Mieslinger, Eichenau

© SZ vom 22.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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