Porträt 1:Reich im Geist

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Bernhard Haupeltshofer. (Foto: Florian Peljak)

Warum sucht sich Bernhard Haupeltshofer keinen besseren Job? Weil er es so will

Von Franziska Gerlach

Das Bild vom armen Künstler in seiner maroden Behausung, von Carl Spitzweg einst in Öl festgehalten, im Fall von Bernhard Haupeltshofer will es so gar nicht passen. Wie ein Fels in der Brandung steht der Haidhauser, 63 Jahre alt, in seiner kleinen, lichtdurchfluteten Wohnung. Zwei Sessel, ein Schreibtisch. Dahinter hängen minimalistische Tuschezeichnungen von zarter Schönheit. Es sind seine Zeichnungen. In den Regalen: Bücher. Antonio Tabucchi, Max Frisch, ein philosophischer Essay von Byung-Chul Han. Alle gelesen.

Doch Haupeltshofer bezieht seit sechs Jahren Hartz IV. Wie kommt man als Künstler damit klar in einer Stadt, in der ein Cappuccino schon mal vier Euro kostet? "Ich habe zehn Euro am Tag zum Leben", sagt er. Zwar müsse er für Miete, Fahrkarte, Telefon nicht aufkommen, aber zehn Euro sei nicht viel für Essen und Trinken, oder die Ausgaben außer der Reihe, wie das Besohlen von Schulen. Warum sucht sich ein Mensch, der offenbar so gebildet ist, nicht einen angemessen bezahlten Job?

Die Lebensgeschichte des bayerischen Schwaben ist durchzogen von Brüchen. Schon als Gymnasiast kommt er über Bücher mit der klassischen Moderne in Kontakt, die mentale Flucht in die Kunstszene des freigeistigen Frankreichs hilft ihm, sich aus einem "schwierigen Verhältnis zum Elternhaus" zu befreien. Er will weg, würde sich gerne an der Kunstakademie in München ausbilden lassen. Doch Haupeltshofer hat Pech: Der Bildhauer, bei dem er ein Praktikum hätte machen sollen, verunglückt tödlich. Stattdessen studiert er Philosophie, Kunstgeschichte, Kunsttherapie. Und bricht ab.

In der Kunst ist er ein Autodidakt, der immer wieder neue Stile erprobt. Zwar hat Haupeltshofer schon einiges verkauft, etwa 40 seiner Bilder hängen in Museen, in München etwa in der Staatlichen Graphischen Sammlung. Von seinen Arbeiten leben aber kann er nicht. Also fuhr er Taxi, fast ein Vierteljahrhundert lang hielt er sich damit über Wasser. "Ich habe das gemacht, damit ich mir die Kunst leisten kann", sagt er. Es ist wohl genau diese Mischung aus Idealismus und Durchhaltevermögen, die ihn an seiner "traumatischen Berufung" festhalten lässt.

Haupeltshofer will es so. In ihm scheint sich ein Widerstand gegen materialistisch motiviertes Karrierestreben zusammengebraut zu haben. Wo andere lamentieren würden, sagt der Künstler: Er sei durchaus reich, bewandert in Literatur, Psychologie und Philosophie. "Ich habe alles, nur nicht genügend Geld." Um seine finanzielle Situation zu verbessern, schreibt er Stiftungen an, damit diese zum Beispiel die Kosten für die Rahmen seiner Bilder übernehmen. Die Armut wolle er nicht verharmlosen. Doch seine Liebe zur Kunst, die ist unerschütterlich.

© SZ vom 08.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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