Polizist klagt gegen Stadt:Zu arm für die Zweitwohnungssteuer

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Ein Polizist wurde zwangsweise nach München versetzt. Nun will er den Musterprozess notfalls bis zum Verfassungsgericht ausfechten.

E. Müller-Jentsch

München gilt als sicherste Großstadt Europas. Auch das zählt für viele vermögende Leute zu den Gründen, in der bayerischen Landeshauptstadt eine Zweitwohnung für ihre gelegentlichen Shopping- oder Theaterausflüge zu unterhalten. Speziell für diese gutbetuchten Genießer ist die von der Stadt erhobene Zweitwohnungssteuer gedacht.

Einfache Ober- oder Hauptmeister verdienen knapp mehr als 25.000 Euro brutto im Jahr: München ist oft zu teuer. (Foto: Foto: ddp)

Doch bezahlen müssen sie auch viele bayerische Polizisten mit relativ schmalem Salär, die - zumeist zwangsweise nach München versetzt - hier für die vielgepriesene Sicherheit sorgen sollen. Einer von ihnen will jetzt stellvertretend für seine Kollegen gegen diese als ungerecht empfundene Zusatzabgabe kämpfen: Er hat einen Musterprozess angestrengt und will notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen.

Viele der aus ganz Bayern nach München abgeordneten Beamten sind einfache Ober- oder Hauptmeister mit knapp mehr als 25.000 Euro brutto im Jahr, der Freibetragsgrenze. Daran gemessen ist der klagende Hauptkommissar mit rund 2500 Euro im Monat fast ein "Besserverdiener".

Doch der aus Ingolstadt stammende ledige Beamte muss seine Mutter unterstützen, die eine karge Witwenrente bezieht; bis zur Versetzung hatten sich beide eine Wohnung geteilt.

Dienstrechtlich wurde der Kommissar dann aber verpflichtet, in der Nähe seines Dienstorts München zu wohnen. Neben den laufenden Kosten daheim muss er deshalb für sein als Zweitwohnung bezogenes bescheidenes Quartier an der Landshuter Allee nun noch monatlich 262 Euro Nettokaltmiete bezahlen. Zusätzlich will ihm die Stadt weitere 282 Euro als jährliche Zweitwohnungssteuer abknöpfen.

Mit seinen monatlichen Bezügen war der Beamte nach Abzug aller fixen Kosten bisher gerade so über die Runden gekommen. Als dann die erste Forderung des Stadtsteueramtes über 481 Euro eintrudelte, in der auch eine Nachzahlung enthalten war, musste der Hauptkommissar extra einen Kredit aufnehmen. Seine Einwände wurden von der Stadt abgeschmettert: Alle Inhaber von Nebenwohnungen würden von der Steuer erfasst - und wer eine solche für seine persönliche Lebensführung benötige, bringe damit "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" zum Ausdruck.

Für Rechtsanwalt Walter Grasser, ehemals Chef des städtischen Rechtsamts, ist das purer Hohn: Polizisten, die unter dem Druck der angeordneten "Residenzpflicht" in München ein Quartier beziehen, würden dadurch noch lange keine gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit demonstrieren.

In der bundesweit ersten Verhandlung zu dieser Problematik muss nun am Mittwoch das Verwaltungsgericht München prüfen, ob die Stadt in solchen Fällen diese Steuer verlangen darf. Christian Hofstätter, Justiziar der Gewerkschaft der Polizei, meint dazu: "Wir hatten OB Ude frühzeitig auf dieses heikle Thema aufmerksam gemacht - seine Reaktion war dürftig." Auch das Innenministerium habe den OB aufgefordert, in solchen Fällen Ausnahmen vorzusehen. "Wenn es aber nicht im Dialog geht, dann eben vor Gericht", sagt Hofstätter nun.

Auch Anwalt Grasser hält die Steuerforderungen in solchen Fällen für rechtswidrig. Zumal sie den europarechtlichen Vorgaben der Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit widersprechen. Polizist, Anwalt und Gewerkschafter wollen notfalls auch durch alle Instanzen bis nach Karlsruhe gehen.

© SZ vom 04.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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