Politiker:Die Mandat-Sammler

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Aufsichtsrat, Rundfunkrat oder Kolumnist: Die Nebentätigkeiten der Münchner Bundestagsabgeordneten.

Jan Bielicki

(SZ vom 24.6.2003) — Fritz Schösser ist ein viel beschäftigter Mann. Er hat ein Chefbüro im Gewerkschaftshaus in der Schwanthalerstraße, denn hauptberuflich hat er den Bezirk Bayern des Deutschen Gewerkschaftsbunds zu führen. Aber das ist nicht sein einziger Chefposten.

Der DGB-Mann sitzt so einigen Vorständen, Aufsichts- und Verwaltungsräten, Gesellschafter- und Mitgliederversammlungen vor: bei der AOK im Bund und in Bayern, bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern, im Berufsförderungswerk München, in der LVA-Klinik Höhenried, beim Verband der Rentenversicherungsträger.

Er sitzt im Aufsichtsrat der Zahnradfabrik Passau und im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. Fragt sich nur, woher der derart von Verantwortung in Beschlag genommene Mann auch noch die Zeit nimmt, den Münchner Osten als SPD-Abgeordneter im Bundestag zu vertreten, nach Bezahlung und Eigenverständnis der Mandatsträger immerhin ein Vollzeitjob.

Meldestelle Parlamentshandbuch

Immerhin: Schösser macht gar kein Geheimnis daraus, dass er im Bundestag Einfluss vor allem für sein Unternehmen, die Gewerkschaft und deren Mitglieder, nehmen will. Auch die lange Liste an Ratsposten hat er in seiner Eigenschaft als Gewerkschaftschef angesammelt. Damit solche Einflüsse klar sind, müssen Bundestagsabgeordnete solche Tätigkeiten im Parlamentshandbuch und im Internet melden.

Dort steht also seit vergangener Woche, was die Abgeordneten neben ihrem Mandat sonst noch treiben, und zwar ein bisschen genauer als bisher. Seit es nämlich im vergangenen Jahr einen kleinen Skandal gab, der Abgeordnete Scharping, Rudolf, damals Verteidigungsminister, Vortragshonorare von einer PR- Agentur einstrich, müssen die Abgeordneten nun auch so etwas angeben: wenn sie Gutachten, Artikel oder Vorträge fabrizieren — oder wenn sie an Firmen entscheidend finanziell beteiligt sind.

Das sind die neun Mann und eine Frau, die München nach Berlin geschickt hat, alle nicht — bis auf einen: Peter Gauweiler. Der CSU-Mann aus dem Münchner Süden gibt stolz an, für Bild und Welt am Sonntag zu schreiben, und ist natürlich über zwei Gesellschaften an der eigenen Anwalts- und Steuerberatungskanzlei am Promenadeplatz beteiligt.

Interessant sind seine Aufsichtsratsmandate: So sitzt er im Verwaltungsrat der Hirschmann Industrial Holding. Diese Holding aus dem schweizerischen Steuersparkanton Zug kontrolliert die Firma Jet Aviation, Weltmarktführer im Chartergeschäft mit kleinen Geschäftsflugzeugen.

Mit Gauweiler lenken dort auch Karl Dersch, ehemals Häuptling der deutschen Airbus-Filiale Dasa und enger Amigo des vormaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, und Gauweilers Anwaltspartner Wolf-Rüdiger Bub. Mit dem renommierten Immobilienrechtler Bub sitzt Gauweiler auch in Aufsichtsräten von zwei Immobiliengesellschaften.

Für einen alten Freund hat sich auch der SPD-Abgeordnete Axel Berg in einen Beirat gesetzt: die PatentPool Innovations Management des Berg-Freundes Heiner Pollert will Erfindern das Knowhow zur Markteinführung bieten und sammelt Geld ein für Beteiligungen an neuen Unternehmen. Bisher beglückte sie die Internet- Firma RavenPack. Deren Chef heißt: Pollert.

Axel Bergs CSU-Kollege Herbert Frankenhauser ist dagegen einem größeren Konzern verbunden: Er steht ganz offiziell beim Autobauer DaimlerChrysler auf der Lohnliste.

Häufig Ehrenämter

Ansonsten haben die Vorstandsposten der Münchner Abgeordneten meist mit Ehrenämtern zu tun. So engagiert sich Axel Berg für erneuerbare Energien, und sein CSU-Mitabgeordneter Matthias Sehling für die Sudetendeutschen. Im Übrigen sind fünf der zehn Bundestagsmünchner Rechtsanwälte, einer ist Unternehmensberater. Von wem ihre Kanzleien ihre Aufträge bekommen, müssen sie ihren Wählern nicht melden.

Doch dass der für seine politischen Freunde spendable Medienunternehmer Leo Kirch seinen Anwalt gut bezahlt, ist anzunehmen. Der Anwalt heißt Peter Gauweiler.

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