Planungen für Alte Akademie in München:Den Schaden hätten alle - den Nutzen nur der Investor

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Das Beispiel der Residenzpost sollte ein warnendes Beispiel sein an den Stadtrat, die denkmalgeschützten Arkaden zu erhalten, wie sie waren

"Streitpunkt Arkaden" vom 13./14. Mai, "Arkaden als Wohlfühlraum" vom 17. Mai, "Wende im Streit über Alte Akademie" vom 19. Mai sowie Leserbrief "Rettet die Hirmer-Arkaden" vom 23. Mai:

Wie der Presse zu entnehmen war, scheint der Münchner Stadtrat im Streit um die Pläne zum Umbau der Alten Akademie geneigt zu sein, den Begehrlichkeiten des Investors Folge zu leisten, und der Umwidmung eines Großteils der öffentlichen Arkaden zu Ladenflächen zustimmen zu wollen.

Die jüngste Wende in dieser Sache lässt zwar auf einen besseren Ausgang hoffen: Die Öffentlichkeit kann dankbar sein, dass Frau Michail das Urheberrecht ihres Vaters gegen den aktuellen Entwurf geltend macht. Allerdings ist dieses persönliche Recht ein recht dünner Faden, auf dessen Halt die Bürgerschaft nur bedingt vertrauen kann. Daher erscheint es mir nach wie vor notwendig, die Debatte fortzuführen und weiter Überzeugungsarbeit zu leisten.

Unter Denkmalschutz und Planungsobjekt in der Münchner Innenstadt: Die Alte Akademie an der Neuhauser Straße. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Haltung der Stadtratsmehrheit ist vollkommen unverständlich, da sie nicht nur zahlreiche Stellungnahmen von Fachleuten, der Stadtbaurätin, des Stadtheimatpflegers, des Bezirksausschusses und des Münchner Forums, sondern auch eigene Satzungen missachtet. Im Übrigen sind die öffentlichen Nutzungsrechte rechtlich zweifelsfrei abgesichert, ein neues Aushandeln also überhaupt nicht notwendig. Auch das Ergebnis des Wettbewerbs sollte in diesem Punkt nicht als bindend betrachtet werden, da sich der Entwurf hier eindeutig über die Aufgabenstellung hinweggesetzt hat, offensichtlich in dem Bestreben, die Sympathie des Investors zu gewinnen.

Das Argument des Investors, durch die Arkaden bewegten sich nur wenige Passanten, ist nicht zutreffend. Und selbst wenn dies so wäre, erwächst dieses Argument aus einer ausschließlich gewinnorientierten Betrachtung. In dieser Logik könnte man auch alle Kirchenschiffe der Stadt mindestens um die Hälfte zurückbauen, da die Anzahl der Kirchgänger bekanntlich deutlich schrumpft.

Die architektonische und atmosphärischen Qualität des Geschäftshauses, nach dem Entwurf des bedeutenden Münchner Architekten Josef Wiedemann errichtet, beruht wesentlich auf der großzügigen Bemessung der Arkaden! Dies ist nicht nur urheberrechtlich relevant. Das Haus trägt damit zur Attraktivität der Münchner Innenstadt bei. Besonders zu den Stoßzeiten in der Fußgängerzone sind die Arkaden eine angenehme Puffer- und Ruhezone, die es den Passanten erlaubt, dem Gedränge zu entkommen. Als großzügiger überdeckter Vorplatz schaffen sie eine niveauvolle Adresse.

Es sei an die Neuordnung der Alten Post an der Residenzstraße erinnert: Auch hier wurde die ehemalige offene Vorhalle vollständig zur Ladenfläche umgewandelt. Der ehemals würdevoll und großzügig artikulierte Eingang ist damit zu einem kleinlichen Mauseloch verkommen, die Fassade hat an Plastizität stark eingebüßt und wirkt platt. Die Kompensation mit viel Glitzer scheitert peinlich.

Eine vergleichbar schädliche Wirkung würde die Reduzierung der Arkaden der Alten Akademie haben. Die Visualisierungen des Investors zeigen dies bereits überdeutlich. Die Arkaden sind zu einem beklemmenden Laubengang geschrumpft, dem jede Großzügigkeit fehlt. Dies sollte Argument genug sein, um jedes Zugeständnis in dieser Frage abzulehnen. Ja, weshalb sollte die Stadt München dem Investor überhaupt irgendwelche Geschenke machen? Insbesondere dann, wenn sie eindeutig zum Nachteil des Stadtbildes und damit des Gemeinwohls sein werden. Die Motive sind undurchdringlich. Mit einer Zustimmung zur Reduzierung der Arkaden würde die Stadt im Übrigen einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen, der schnell Nachahmer finden wird.

Daher der klare Appell an den Stadtrat: Leisten Sie der Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes nicht unnötig weiter Vorschub! Ulrich Pfannschmidt, München

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© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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