Pinakotheken-Plakat macht Kindern Angst:Böses Blut

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Warum diese Dame in Wirklichkeit gar keine Taube verspeist, das Plakat gar nicht provozieren soll und die Nachbarskinder beruhigt wieder einschlafen können.

Claudia Wessel

Eine Frau verspeist eine Taube bei lebendigem Leib, ihre Lippen und das Tier sind blutverschmiert. Das zumindest glaubten wohl einige Kinder, deren Zimmer auf die Pinakothek der Moderne zeigen. Ihre Eltern verlangten, das Plakat der Ausstellung ,,Looking for Alfred'' von Johan Grimonprez, einer Hommage an Alfred Hitchcock, zu entfernen. Die SZ sprach mit Berhart Schwenk, dem Kurator der Ausstellung.

Keine Panik: Das ist nur Filmblut. (Foto: Foto: oh)

SZ: Macht Ihre Ausstellung Kindern Angst?

Schwenk: Ich bin nie auf den Gedanken gekommen, dass eine unserer Ausstellungen für Kinder einen Schrecken bedeuten könnte. Das ist jetzt aber geschehen, und dieser Situation wollen wir uns natürlich stellen.

Wir laden die betroffenen Familien und ihre Kinder zu einer Führung durch die Ausstellung ein. Auch andere Familien können gerne kommen. Termin ist der 22. Juli um 14 Uhr, Treffpunkt am Großplakat Gabelsbergerstraße. Wir möchten, dass Kunst verstanden wird, in ihrer Offenheit, und nicht als Provokation aufgefasst wird.

SZ: Das Plakat ist keine Provokation?

Schwenk: Nein. Da nehmen sich diejenigen, die das vermuten, ein bisschen zu ernst. Ein Künstler verbringt sein Leben nicht damit, zu provozieren. Ein Künstler schafft seine Werke und löst damit natürlich etwas aus. Aber er schafft nicht Werke, um zu provozieren.

SZ: Was werden Sie den Kindern denn erzählen?

Schwenk: Eine solche Führung ist natürlich immer eine Kombination von Besprechen und Anschauen. Wir schauen uns die Dinge an und finden dafür Worte. Dabei merkt man vielleicht, dass sich Bilder verändern. Dass man, wenn man genauer hinschaut, zum Beispiel jetzt bei diesem Ausstellungsplakat, erkennt, dass das keine reale Situation ist.

Sondern eine inszenierte Situation. Da muss man manchmal genauer hinschauen. Viele Bilder, auch die man im Kino oder im Fernsehen sieht, sehen manchmal aus wie Realität, und man merkt gar nicht, wie sehr einem die eigene Phantasie und die eigene Erwartung einen Streich spielen.

SZ: Wie spielt sie einem bei diesem Plakat einen Streich?

Schwenk: Wenn man etwas Rotes sieht, muss das nicht gleich Blut sein. Wenn man etwas Schwarzes sieht, dann muss das nicht gleich mit dem Tod zu tun haben. Es hängt viel am Betrachter selbst, was man in einem Bild sieht. Es lohnt sich, auch die Vieldeutigkeit von Bildern zu sehen.

SZ: Dann werden Sie den Kindern sagen, dass das Rote kein Blut ist?

Schwenk: Dass es sich vielmehr um Filmblut handelt, ja. Aber auch der Gesichtsausdruck der Frau, die unberührte Frisur, das ist alles so perfekt aufgenommen, dass es nur eine Kunstfigur sein kann. Dennoch werden wir in Zukunft mit der Plakatierung an der Rückseite vorsichtiger sein.

© SZ vom 5.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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