Physiker:Der Konstrukteur

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Andriy Chmyrov entwickelt Spezialmikroskope. (Foto: Robert Haas)

Andriy Chmyrov entwickelt Spezialmikroskope

Es komme auf die Perspektive an, sagt Andriy Chmyrov. Wenn ein Haus kollabiert, liegt es dann an der Statik? Ist eine Wand defekt? Ist einer der Steine brüchig? Oder gibt es ein Problem im Material? Genauso sei es bei einer Krankheit. Sucht man nach schadhaften Organen? Nach Tumorzellen? Nach Fehlern im Erbgut? Oder nach Eiweißen oder anderen Molekülen?

Chmyrovs Perspektive ist die auf das Allerkleinste. "Am Ende geht es immer um Zellen und Moleküle", sagt er. Also konstruiert der Physiker Mikroskope. In seinem bisherigen Labor im Helmholtz-Zentrum in Neuherberg hat er mehrere Platten mit filigranen Elementen verschraubt. "Es ist ein bisschen wie Lego", sagt er. Die Einzelteile gebe es bereits, er müsse sie zusammensetzen. Wie das aussehen muss, weiß er, das sei nicht das Problem. Schwierig sei es, die Bauteile exakt aufeinander auszurichten. Mehr als eine Stunde braucht er allein, um einen Spiegel exakt zu justieren. Bei zehn Linsen, doppelt so vielen Spiegeln und weiteren Bauteilen, die Signale modulieren, dauere es oft mehrere Tage, bis er etwas messen könne.

Zunutze macht sich Chmyrov die Technik der Optoakustik: Mit Licht dringt er zielgenau in das Gewebe ein, bringt die gewünschten Moleküle zum Schwingen und misst dann die entstehenden Ultraschallwellen. So erhalte man genauere Informationen als mit einem Lichtmikroskop oder einem reinen Ultraschallgerät, sagt er - und zwar ohne das Gewebe zu schädigen wie mit Röntgenstrahlen. Chmyrov nutzt dabei verschiedene physikalische und chemische Kniffe; sein Mikroskop kann bis zu 60 Nanometer kleine Partikel erfassen - das ist viermal genauer, als es mit einem einfachen Lichtstrahl physikalisch möglich wäre. Um ein einzelnes Eiweißmolekül zu sehen, reicht es noch nicht - das misst maximal zehn Nanometer, "das ist das Ziel", sagt Chmyrov. Für so kleine Teile bräuchte man bislang ein Elektronenmikroskop. Nur: Ein solches funktioniert nur bei totem Gewebe. Chmyrovs Apparat aber soll man am Patienten verwenden können.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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