Personalnot:Das letzte Tölzer Kindl

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Ende März schließt die Asklepios-Klinik ihre Geburtshilfe

Von Konstantin Kaip, Bad Tölz

Das erste Tölzer Kindl 2017 kam am 2. Januar in der Asklepios-Stadtklinik zur Welt: Franziska Maria Bittner wog 3030 Gramm und war 53 Zentimeter groß, als sie das Licht der Welt erblickte - im Wohnort ihrer glücklichen Eltern. Wer das letzte Kind des Jahres in der Tölzer Klinik sein wird, ist noch offen. Sein Geburtstag aber kann nun zeitlich eingegrenzt werden: Am 28. März nimmt die Abteilung noch Schwangere auf, danach müssen sie sich ein anderes Krankenhaus suchen, Fahrten von mehr als einer halben Stunde werden normal sein. Denn die Tölzer Geburtshilfe schließt zum Ende des Monats. Und das, obwohl die Zahl der Geburten im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen seit fünf Jahren steigt.

Im Tölzer Kreißsaal wurden 2016 etwa 550 Kinder geboren. Nun ist fraglich, ob er seine Türen überhaupt wieder öffnet. Denn die Klinik findet kein Personal. Die beiden Belegärzte hatten schon vor längerer Zeit signalisiert, dass sie den Kraftaufwand für Operationen und 24-Stunden-Bereitschaftsdienste mit Nacht- und Wochenendeinsätzen zusätzlich zur eigenen Praxis dauerhaft nicht mehr leisten können. Trotz intensiver Suche haben sich aber keine Gynäkologen gefunden, die bereit waren, die Geburtshilfe zu übernehmen. Zudem hat Asklepios nach eigenen Angaben mit der Tölzer Geburtshilfe etwa 400 000 Euro Verlust im Jahr gemacht.

"Das Belegarztsystem ist überholt", sagt Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Auch der Tölzer Bürgermeister Josef Janker (CSU) berichtet von vielen Gesprächen mit niedergelassenen Gynäkologen, die alle abgewunken hätten. Ein Grund seien die horrenden Versicherungssummen für Belegärzte. Mehr als 50 000 Euro im Jahr müsse eine Tölzer Gynäkologin zahlen. Bislang hatte die Klinik einen Teil der Summe getragen. Laut Asklepios ist das aber wegen des neuen Antikorruptionsgesetzes nicht mehr möglich.

Als Klinikchef Joachim Ramming Ende 2016 das drohende Aus verkündete, kam es zu Protesten und Solidaritätsbekundungen: Ein Bürger startete eine Petition, die mehr als 3800 Unterzeichner fand, der Stadtrat schloss sich mit einer Resolution an. Bei einer Lichterkette versammelten sich 150 Menschen vor dem Krankenhaus. Auch der Kreistag sucht nach einer Lösung. Im Dezember hat der Landrat einen Zuschuss für eine Hauptabteilung im Verbund mit einer großen Klinik in Aussicht gestellt. Ein Belegarzt, der bereits gekündigt hatte, verlängerte daraufhin seinen Vertrag um ein Quartal. Das läuft nun ab, noch einmal verlängern will er nicht. Weil auch ein zwischenzeitlich eingestellter Oberarzt mangels Perspektive gekündigt hat, sieht sich die Klinik gezwungen, die Geburtshilfe zu schließen.

Die Hoffnung liegt nun in einer neuen Kooperation mit einer großen Klinik. Kandidaten sind Garmisch-Partenkirchen und Agatharied. Laut Asklepios ist das aber nur möglich, wenn der Landkreis eine siebenstellige Summe für Chefarzt, Oberärzte und Assistenten zahlen würde. Bei den Kreisräten ist der Zuschuss für die private Klinik umstritten - auch weil es Befürchtungen gibt, dass ein millionenschwerer Zuschuss für Tölz die Geburtshilfe an der Kreisklinik in Wolfratshausen gefährden könnte. Rund 250 Kinder kommen hier pro Jahr zur Welt. Auch hier wird nach Konzepten für die Zukunft gesucht - und auch hier gab es schon eine lange Lichterkette.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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