Outdoorsport:Parcours zum Ausprobieren

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Das Outdoorsport-Festival im Olympiapark bot am Sonntag Bewegung in allen Variationen

Von Thomas Becker

Die A8 zwischen Pforzheim und München gehört nicht zu den Sahnestücken unter den Autobahnen. Landschaftlich ansprechend, aber ohne Baustellen kennen diesen Abschnitt nur noch die Älteren. Wer also für das Outdoorsport-Festival 500 Kilometer für Hin und Zurück unter die Hufe nimmt, und das an einem der letzten Spätsommer-Sonntage, der muss wirklich Lust auf dieses Freiluftspektakel im Olympiapark haben. Schaut man Stefanie und Philipp sowie Tochter Leni ins Gesicht, entdeckt man da in der Tat reichlich Begeisterung. Gerade ist die Familie in erhöhter Geschwindigkeit quer durchs Olympiastadion geflogen - per Flying Fox Zipline. Eine Mutprobe der besonderen Art. Auch die Zehnjährige hat ihr "bisschen Angst" überwunden und sich tapfer in die Tiefe gestürzt. Mama Stefanie erzählt: "Als wir oben am Start standen, hat sie schon gejammert: 'Mama, meine Knie zittern!'" Den Gutschein für den Freiflug hat die Familie aus Pforzheim mit einer simplen Antwort-Mail an den einladenden Olympiapark gewonnen - und der Tochter zur Einschulung am Gymnasium in die Schultüte gepackt. Zipline statt Süßigkeiten: So soll es sein!

Zur Äffchen-Challenge lud das Kletterzentrum Thalkirchen ein: Hängen an der Stange, so lange wie möglich. (Foto: Stephan Rumpf)

Nach coronabedingter Absage im vergangenen Jahr fand das fünfte Outdoorsport-Festival dieses Jahr nicht im gesamten Olympiapark inklusive Olympiasee- und -berg statt, sondern nur im Zuschauerbereich der Gegengerade, etwa von Anzeigetafel zu Anzeigetafel. Statt der mehr als 50 000 Zuschauer, wie zuletzt, waren es nun sicher sehr viel weniger, aber auch so bildeten sich mitunter lange Schlangen an den zig Ausprobier-Stationen.

Bei manchen fragte man sich schon: Will ich das jetzt wirklich? Zum Beispiel die Äffchen-Challenge, zu der das Kletterzentrum Thalkirchen eingeladen hat: Hängen an der Stange, so lange wie möglich. Eine eher statische Angelegenheit, aber nicht minder herausfordernd. Wer drei Minuten (Mädels) oder vier (Jungs) schafft, gewinnt eine Stirnlampe, ein Chalk Bag zum Klettern oder einen Rucksack. Klingt einfach, aber nicht wenige müssen vor der Zeit mit schmerzenden Händen aufgeben. "Mann ey, geht voll auf die Finger!", klagt ein Teenager. Auch am Stand nebenan ist Kraft gefragt: Der seit 2008 bestehende Sportverein Free Arts of Movement hat sich den turnorientierten Sportarten verschrieben und für das Festival einen Parcours aufgebaut, der an das beliebte TV-Format "Ninja Warrior" erinnert. Ein Coach erklärt die Aufgaben, macht auch mal was vor, aber von Stange zu Stange muss man selber hangeln, was einige ganz schön gut hinbekommen.

Eine etwas ausgefallenere Sportart: Teqball, bei dem man den Ball nicht mit den Händen berühren darf. (Foto: Stephan Rumpf)

Andere Talente sind dagegen beim Teqball gefordert, eine Art Fußballtennis auf einer nach oben gewölbten Tischtennisplatte. Der Ball darf drei Mal berührt werden, bevor er zurückgespielt wird, mit jedem Körperteil, außer den Händen. Es kann von zwei Einzelspielern, vier Spielern im Doppel oder mehreren in der Runde gespielt werden. Ein Ex-Profi und ein Computerspezialist aus Ungarn führten Teqball 2015 ein, Fußballspieler Ronaldinho und Carles Puyol gehörten zu den ersten Fans, mittlerweile ist es bei vielen Profis Teil des Trainings: "Als Messi bei seinem neuen Klub in Paris ankam, stand gleich mal Teqball auf dem Programm", erzählt Sebastian Csatári, der sich um den Aufbau der Sportart in Deutschland kümmert. Weltmeisterschaften gibt es seit 2017, und 2028 wäre man gern bei Olympia dabei. Ein lustiger Spaß, allerdings auch ein teurer: Eine Platte kostet 3000 Euro.

Beim Outdoorsport-Festival im Olympiapark am Sonntag konnten vor allem Kinder die verschiedensten Sportarten ausprobieren. (Foto: Stephan Rumpf)

Snowboarden gehört auch nicht zu den günstigsten Sportarten, erfreut sich aber immer noch großer Beliebtheit, wie die Schlange vor dem Parcours beweist. Ein rastagelockter Coach zieht kleine Nachwuchs-Boarder an einer Schnur über ein paar Plastik-Hindernisse: Wer da als Vater nicht das Smartphone zückt! "Na, haste 'ne Medaille bekommen?", fragt einer. Klar, hat er: "Snowboard-King" steht drauf, samt Foto und Aufkleber. Dürfte klar sein, was der Junior im Winter ausprobieren will. Auch die Skispringer vom SC Auerbach umwerben den Nachwuchs, haben tatsächlich eine vier, fünf Meter lange Skisprungschanze samt echtem Schnee aufgebaut, um den Kleinen mal ein Gespür für die Landung im Schnee zu ermöglichen.

Genau so bunt geht es weiter: Mountainbike-Geschicklichkeits-Parcours, mobiler Hochseilgarten, Bogenschießen,Tischtennis auf normalen Platten und welchen, die kaum größer als ein Schläger sind, Rollstuhl-Basketball, Slackline oder "Rotieren wie die Astronauten" im 3D-Flieger. Den wollte Sportreferent Florian Kraus unbedingt ausprobieren, wogegen es Sportbürgermeisterin Verena Dietl eher zum "Radeln und Kraxeln" zog. Olympiapark-Geschäftsführerin Marion Schöne wollte sich derweil beim Teqball versuchen. Aber auch hier gilt: erst mal anstellen. Die schönste Schlange war übrigens auf dem Coubertinplatz zu sehen: vor dem Impfbus. So soll es sein!

© SZ vom 20.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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