Olympische Winterspiele:"Wir müssen diese Chance nutzen"

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München und die Olympischen Winterspiele: Das Großereignis könnte der Stadt einen neuen Bauboom bescheren.

Alfred Dürr

Die offizielle Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 will die Stadt zwar erst im kommenden Herbst abschicken, aber es herrscht schon freudige Aufbruchstimmung in der krisengeschüttelten Münchner Bauindustrie. Wie bei den Sommerspielen von 1972, die der bayerischen Landeshauptstadt einen enormen Erneuerungsschub beschert haben, soll Olympia wieder zum leistungsstarken Motor für die Stadtentwicklung werden. "Wir müssen diese Chance nutzen", forderte Stadtbaurätin Elisabeth Merk bei einem Vortrag im Haus der Bauinnung.

Olympia als Stadtentwicklungsmotor: Das alte Radstadion verschwindet aus dem Olympiapark. (Foto: Foto: Rumpf)

Bei den meisten Besten-Listen, mit denen die Qualitäten vergleichbarer Großstädte gemessen werden, nimmt München Spitzenplätze ein - allerdings ohne Ewigkeitsgarantie. Problemthemen gibt es in der Stadtentwicklungspolitik genügend.

Die Stadtbaurätin kann sehr lange über dieses Thema sprechen. Kernfragen lauten: Wie sieht innovativer Wohnungsbau der Zukunft aus und wie erfüllt die Kommune dabei die Anforderungen des Klimaschutzes? Wie bewältigt die Stadt die wachsenden Pendler-Ströme und wie wird das Angebot bei Bussen und Bahnen besser? Wie modernisiert man historische Bausubstanz - wie zum Beispiel auch die Sportstätten im Olympiapark -, ohne die Denkmäler zu zerstören?

Dass trotz Finanzkrise und zunehmender Flächenknappheit weiter geplant und gebaut werden muss, steht außer Frage. Großereignisse wie Bundes- und Landesgartenschauen oder spektakuläre Sportereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft oder eben auch Olympische Spiele bringen starken Schwung in die Stadtentwicklungsszenarien.

Vor allem auch durch die Blumenschau von 2005 seien auf dem ehemaligen Flughafengelände das "Modell einer Gartenstadt des 21. Jahrhunderts" und im Umland neue Grünzüge entstanden, stellt die Stadtbaurätin fest. Die Fußball-WM 2006 habe München nicht nur das neue Stadion beschert, sondern den einst so geschmähten Norden der Stadt entscheidend aufgewertet. Im Umfeld der Arena entsteht bis 2011 das Wohngebiet "Haidpark", um nur ein Beispiel anzuführen.

Die Stadt dürfe sich bei Bewerbungen um Groß-Events nicht scheuen, fordert Merk. München als "Kulturhauptstadt Europas"? Oder als Gastgeber für die Weltausstellung Expo - warum eigentlich nicht? Und dann sind da noch die Olympischen Spiele. Heute stehen Stadtplaner und Kommunalpolitiker vor ganz ähnlichen Herausforderungen wie ihre Kollegen vor 40 Jahren.

Ein attraktives Nahverkehrssystem mit U- und S-Bahnen schwebte den Verantwortlichen damals vor, mit einem Tunnel durch die Stadt. Wer aber sollte diese gewaltigen Investitionen bezahlen? Die Verhandlungen zwischen der Bahn und Stadt hatten sich bereits seit Jahrzehnten hingezogen.

Die Chance, Olympia-Stadt zu werden, änderte die Situation schlagartig. Stadt, Land und Bund stemmten einen beispiellosen Kraftakt. Das öde Oberwiesenfeld wurde zum weltweit bekannten Olympiapark. Das U- und S-Bahnsystem erlebte einen beschleunigten Ausbau. In Rekordzeit entstanden auch Wohnungen, Straßen und Brücken. Die Innenstadt blühte mit einer neuen Fußgängerzone auf.

Heute muss das Netz des öffentlichen Nahverkehrs - auch der Straßen - "ertüchtigt" werden, sagt Merk. Konkret heißt das: Der zweite S-Bahn-Tunnel durch das Zentrum soll die bestehende Stammstrecke entlasten. Außerdem geht es um eine bessere Anbindung des Flughafens mit der S-Bahn, nachdem der Transrapid keine Zukunft mehr hat.

Der neue Hauptbahnhof, der nun schon seit einiger Zeit auf Eis liegt, muss endlich in Angriff genommen werden. Im Zusammenhang mit dem Umbauprojekt steht auch die geplante städtebauliche Neuordnung des Areals zwischen dem Hauptbahnhof, der zum "größten Bürostandort in der City" (Merk) mutieren soll, und dem Stachus. Unter dem Platz läuft bereits die Modernisierung des Ladenzentrums. Die Olympischen Winterspiele als Beschleuniger der Planungen? Wie schon eingangs erwähnt, will die Stadtbaurätin die große Chance unbedingt nutzen.

Die unmittelbarsten Auswirkungen werden Olympische Spiele im Olympiapark selbst haben, denn hier sollen neue Sportstätten entstehen. "Wir sollten den Park damit nicht als bedroht sehen", sagt Merk. Das herausragende Ensemble könne sich auch als moderne Stadtlandschaft entwickeln, ohne dass man die Denkmalsubstanz angreife oder gar zerstöre. Als Neubaugebiet sind Flächen neben dem Fernsehturm und das Gelände, auf dem das frühere Radstadion steht (jetzt "Event-Arena"), vorgesehen. "Wir können planerische Neuordnungen viel gezielter angehen, als das ohne die Bewerbung um die Spiele 2018 möglich wäre", sagt die Stadtbaurätin.

Große Hoffnungen setzen die Experten auf das Olympische Dorf. Noch weiß man nicht, wo es einmal entstehen könnte. Aber es soll auf jeden Fall eine Modellsiedlung für innovativen Wohnungsbau der Zukunft werden, meint Merk. Und aller Voraussicht nach könnte ein solches architektonisches und energietechnisches Projekt sehr viel schneller als mit den sonst üblichen Planungs- und Genehmigungsverfahren umgesetzt werden, wenn im Hintergrund der Druck durch die Spiele da ist.

Aber auch an der Peripherie der Stadt kann Olympia Wachstumsimpulse geben. Merk erwartet, dass das Gebiet zwischen Vogelweideplatz und neuer Messe zur aufstrebenden Industriezone wird. In der Bauinnung hörte man den Vortrag der Stadtbaurätin mit Wohlwollen. Im Zeichen der Krise ist jeder Hoffnungsschimmer eine Wohltat.

© SZ vom 25.04.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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