OB-Wahl:Ein Chorknabe und zwei Tenöre

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Peter Gauweiler erklärt, dass die "Hisbollah" als Partei Gottes "vom Namen her fast wie CSU" sei - der OB-Wahlkampfauftakt im Fürstenrieder Bierzelt.

Berthold Neff

So fängt also dieser Wahlkampf an, hier im Bierzelt in Fürstenried. Für den einen, der hier am Freitagabend reden darf, bevor der CSU-Haudegen Peter Gauweiler zu alter Hochform aufläuft, ist es die erste Bierzelt-Rede, so dass es kein Wunder ist, dass die etwa 800 Besucher Josef Schmid nur am Rande lauschen und nur ab und zu von der Maß lassen, um Beifall zu klatschen.

Peter Gauweiler (Foto: Foto: Rumpf)

Der 37 Jahre alte CSU-Fraktionschef und designierte OB-Kandidat kombiniert den Trachtenjanker mit einem roséfarbenen Hemd und sucht auch sonst nach seiner Linie. Er liest seine 20 Minuten lange Rede vom Blatt und kann so die Menschen nicht fesseln.

"Geräuschkulisse im Zelt wird immer lauter, Aufmerksamkeit sinkt deutlich ab", wird danach jener Kundschafter notieren, der im Auftrag der SPD den Ablauf bei der Konkurrenz schildert. Der Mann hat Recht. Josef Schmid wirkt verkrampft und findet weder den Ton noch die Lautstärke für das Bierzelt. Ausgerechnet jene Passage, die sich von Politikerphrasen entfernt hätte, lässt er weg. Über seine Kindheit in Allach wollte er erzählen, von Theo aus Griechenland, von Igor aus Jugoslawien und von Beitürk aus der Türkei.

Der Beitürk als Kraft-Maxi

Irgendwann, so Schmids Manuskript, sei der Beitürk mit einem scharfen Messer angekommen und habe "einen auf Kraft-Maxi gemacht", bis ihm die anderen klar machten, "dass er sein Messer gleich einpacken kann". Das erzählt Schmid nicht, sondern erörtert langatmig das Wesen seines Heimatstadtteils Allach im Unterschied zu Fürstenried.

Den Namen des Mannes, dem er das Amt des Oberbürgermeisters streitig machen will, erwähnt Schmid erst zum Schluss: "Wen von der SPD in München kennen Sie eigentlich außer Ude?", fragt er in den Saal. Die Reaktion bleibt ebenso aus wie zuvor, als er Rot-Grün vorwarf, die Lärmbelastung durch den Flughafen Oberpfaffenhofen aufzubauschen und den Bau der Tunnel am Mittleren Ring torpediert zu haben. Mehr Beifall gibt es nur, als er das Urteil gegen den sofortigen Bau der Moschee am Gotzinger Platz als CSU-Erfolg feiert.

Hisbollah und die CSU

Und dann kommt der Mann, der 1993 gegen Christian Ude die OB-Wahl verlor, jetzt im Bundestag sitzt und als Anwalt genug verdient, um sich einen Chauffeur zu leisten. Peter Gauweiler liefert einen Parforce-Ritt durch die Weltpolitik. Er übersetzt "Hisbollah" richtig als "Partei Gottes" (was "vom Namen her fast wie CSU" sei), nennt George W. Bush den "verhängnisvollsten Politiker in der Geschichte der USA" und streift seinen von Edmund Stoiber erzwungenen Abgang aus dem Amt des Umweltministers mit einem deftigen "Scheiß drauf".

Zur OB-Wahl fällt ihm ein, dass Josef Schmid als Metzgerssohn wisse, "wie man Leberkäs und Weißwürscht macht", Christian Ude aber nur ein "hochbegabter Kabarettist" sei.

Am Sonntagmorgen deutet dieser das nur an. Sehr ernsthaft geißelt Ude die Kehrtwenden der CSU bei Themen wie Krippenversorgung, Integration von Ausländern, Rechte für die Bezirksausschüsse und Mieterschutz. Dies alles, so Ude ähnlich laut wie Gauweiler, sei "an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten". Das Publikum, trotz strahlenden Wetters fast so zahlreich wie bei der CSU, sieht einen engagierten Ude, dem es wegen der CSU die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Fast hätte Ude sogar den Namen seines Kontrahenten erwähnt, verzichtet aber, "weil drei Viertel ihn eh' nicht kennen", sondern wirft der CSU nur vor, dass sie zum Schuldenabbau auch die Stadtwerke verkaufen würde. Schweißgebadet steigt Ude nach 40 Minuten freier Rede vom Podium. Dann sprintet er erneut hoch und knipst ein "Beweissicherungsfoto" für den Fall, dass behauptet werde, zur SPD sei kaum jemand gekommen. Er hätte aber auch einfach die Zeitung von heute lesen können.

© SZ vom 16.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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