Noch ein Jubiläum:Weit mehr als eine Partnerschaft

Lesezeit: 3 min

Die Jumelage zwischen der Kreisstadt und dem französischen Ort Dinard besteht so lange wie die Starnberger SZ.

Von Sabine Bader, Starnberg

Was hat die Starnberger SZ mit der Städtepartnerschaft von Starnberg und Dinard zu tun? Ganz einfach: Beide sind 40 Jahre alt. Als die Landkreisausgabe der Süddeutschen Zeitung erstmalig erscheint, haben Starnbergs damaliger Bürgermeister Heribert Thallmair und der Rathauschef von Dinard, Yvon Bourges, gerade die Partnerschaft ihrer Städte aus der Taufe gehoben.

Eine gute Idee war das mit der Partnerschaft, wie sich schnell herausstellt. Denn Bretonen und Starnberger verstehen sich von Anfang an vortrefflich. Vielleicht, weil beide dort leben, wo andere Urlaub machen. Gut, Dinard liegt am Meer - sogar an der Smaragdküste. Das hat Starnberg natürlich nicht zu bieten, keine Küste, kein Meeresrauschen, keine Klippen, nur einen 25 Kilometer langen See - mit Bergblick immerhin. Kein Wunder, dass Thallmair schwer beeindruckt ist, als er zum ersten Mal in Dinard eintrifft. Er sieht den Strand, die Boote, er sieht Palmen und die historische Hafenstadt mit ihren schönen Jugendstilvillen. Der Empfang sei herzlich gewesen, erinnert er sich. Dabei ist dies keineswegs normal in einer Zeit, in der vielen der Schrecken des Zweiten Weltkriegs noch präsent ist. Im Jahr 1977 stehen sich Franzosen und Deutsche oft noch sehr distanziert gegenüber. Thallmairs Frau Anneliese meint aber, dass Bayern und Bretonen ohnehin eine ähnliche Mentalität hätten - beiden sei das Motto "Leben und leben lassen" zu Eigen.

Die feierliche Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrags - die Urkunde mit französischem und deutschem Text ist übrigens auf Ziegenleder geschrieben- findet dann stilecht am Strand vor dem Palais de Congres in Dinard statt. "Ganz pathetisch", sagt Thallmair. "Wir Bürgermeister geben uns die Hände und der stellvertretende Rathauschef von Dinard, Hervé Dieuleveult, umschlingt beide mit seinen Händen."

Thallmair ist von Anfang an ein echter Freund dieser Partnerschaft - trotz der weiten Entfernung. Zwischen Starnberg und Dinard liegen immerhin fast 1300 Kilometer. Und er ist bis heute ein Verfechter des europäischen Gedankens. Partner zu sein, bedeutet für ihn, "den Freund anzunehmen mit all seinen guten, aber auch schwierigen und fraglichen Eigenschaften". Dabei sollen die Wunden der Vergangenheit nicht "weggeschoben, sondern aufgearbeitet und überwunden" werden. Nur "wen man kennt, den kann man auch verstehen", sagt Thallmair. Und er war von Anfang an überzeugt davon: "Ohne Deutschland und Frankreich wird es kein funktionierendes vereinigtes Europa geben."

Die Bürgermeister von Dinard und Starnberg, Yvon Bourges und Heribert Thallmair (re.), werden Partner und besiegeln dies im Beisein von Vizebürgermeister Hervé Dieuleveult mit Handschlag. (Foto: privat)

33 Jahre war Thallmair Bürgermeister von Starnberg. In seiner aktiven Zeit ist er zu jedem Anlass nach Dinard mitgefahren - und zwar immer mit den Bürgern im Bus. Echte Dinard-Freunde kennen ihren Bürgermeister dann auch im für ihn typischen Bus-Outfit: blaue Trainingshose mit Adidas-Streifen und Nackenkissen unterm Arm. Heute fahren Thallmair und seine Frau gerne auch mal mit dem Privatwagen nach Dinard, schon weil sie dann meist noch einen Frankreichurlaub anhängen. Legendär ist auch die Geschichte des Postboten Franz Heissler aus Söcking, der im Jahr 1987 zu Fuß die 1300 Kilometer nach Dinard zurücklegte. Und fast schon alljährlich radeln Starnberger nach Dinard und anders herum.

Nach zehn Jahren der Städtepartnerschaft wird auf der Starnberger Promenade eine Skulptur aufgestellt. (Foto: privat)

Zwischen den Starnbergern und ihren französischen Freunden sind mit den Jahrzehnten anrührend feste Bande entstanden. Familien treffen sich alljährlich - ob in Dinard oder Starnberg - , sie verbringen gemeinsame Urlaube und feiern Familienfeste zusammen. Es ist längst keine Partnerschaft mehr mit Händeschütteln und Smalltalk. Eine der wenigen Sorgen, die beide Seiten umtreibt, ist die Nachwuchsfrage. Heribert Thallmair plagte dies schon und auch die heutige Bürgermeisterin Eva John sieht dieses Problem. Bereits vor zwei Jahren kündigte sie an: "Wir wollen unter anderem die Schachspieler zusammenbringen, die Musikschulen oder vielleicht auch mal wieder die Kolpingbühne animieren, sich in der Partnerschaft zu engagieren." Denn die "Jumelage" mit Dinard sei für sie eine "Herzensangelegenheit".

Auch im Jubiläumsjahr soll es wieder nach Dinard gehen, bereits im Juni. Das Programm in der Bretagne gestaltet traditionell der Partnerschaftsverein "Amis de Starnberg". Aber nicht nur in Dinard, auch in Starnberg ist einiges zum Jubiläum geboten. So ist im Untergeschoss des Museums Starnberger See eine Fotoausstellung zu sehen, die es in sich hat. "Freundinnen" heißt sie. Der Pariser Didier Cocatrix will sie als "Hommage an zwei besondere Orte" verstanden wissen. Zu sehen sind großformatige Schwarzweiß-Aufnahmen, die zu Bildpaaren zusammengestellt sind: Jeweils ein Motiv zeigt das Strandleben in Dinard und das andere eine Szene am Ufer des Starnberger Sees. Es geht viel um Wasser - ob Starnberger See oder Atlantik.

Doch damit nicht genug. In Vitrinen oder an Stellwänden ist noch bis zum 18. Juni zu sehen, was im Lauf der Jahrzehnte von Dinard nach Starnberg gebracht oder geschickt wurde: Da ist die Enthüllung des Freundschaftsdenkmals an der Seepromenade zum zehnjährigen Bestehen und das Pflanzen der Adenauerrose in Dinard. Da ist ein Malwettbewerb, ein Schüleraustausch oder ein großes Fest.

Apropos Fest. Die Französische Woche auf dem Starnberger Kirchplatz hat längst Kultcharakter. Der Anziehungskraft des Fests kann man sich so gut wie nicht entziehen. Bei schönem Wetter tummeln sich dort Tausende. Es ist schlicht Treffpunkt Nummer 1. Die Franzosen bringen jedes Jahr 2400 Austern aus ihrer Heimat mit. 1000 Liter Weißwein werden ausgeschenkt. Insgesamt machen die beiden Partnerschaftsvereine auf der Französischen Woche einen Umsatz von zirka 27 000 Euro. Und Thallmair? Er will die Freundschaft am 24. Mai bei einer Veranstaltung von Kunstkreis Buzentaur und Museum in der Starnberger Schlossberghalle noch einmal aus seiner persönlichen Sicht beleuchten. Und wer könnte das besser als er?

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: