Neumünchner:"Ich bin froh, ein Deutscher zu sein"

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Nationalhymne und Blaskapelle: Eine Umfrage auf dem Begrüßungsfest zeigt, Neumünchner wollen keine Weltmusik.

Jan Bielicki

Die Maid im Dirndl und die vier Herren in Krachledernen spielen zum Landler auf, und damit ist die Blaskapelle das eigentlich exotische Element im Saal des Alten Rathaus. Aber derart neuheimatlich haben sich diejenigen, für die Oberbürgermeister Christian Ude alljährlich diesen städtischen Empfang abhält, die Musik gewünscht.

Lieber keine Weltmusik, so jedenfalls haben es auf dem letztjährigen Begrüßungsfest verteilte Fragebögen ergeben, will hören, wer als frisch eingebürgerter Deutscher zum Neubürgerempfang geladen ist. "Multikulturell", so erkennt Ude, "sind Sie ja selber schon."

In der Tat. Geboren sind sie in Somalia oder Ruanda, in Brasilien oder Mexico, in Indien, China oder Vietnam, in der Ukraine oder der Türkei, in Russland, Bulgarien oder Belgien - und viele auch in Deutschland. 500 sind gekommen, und sie haben mehr als einen druckfrischen Pass gemeinsam. Alle haben sie im vergangenen Jahr in München die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, viele nach langer Wartezeit und Sprachtests.

Und viele von ihnen, auch das geht aus den Fragebögen hervor, wollen zur Feier des Erreichten auch dessen Symbole sehen und hören. Also sind die Fahnen Deutschlands und Münchens im Saal drapiert und dann ertönt auch, so Ude, "die Musik, die Sie sich gewünscht haben." Viele singen die Nationalhymne mit.

Doch allzu steif-feierlich wird der Festakt nie. Die Kinder haben sich in der Spielecke die Gesichter bemalt, und in die Rede des OB platzt eine Konfettibombe. "Sie machen die Stadt bunter und lebendiger", dankt Ude den neuen Deutschen für "Ihr persönliches Bekenntnis, in unserer Stadt als engagierte Bürger mitwirken zu wollen". Die Einbürgerung sei "ein Beweis für die gelungene Integration".

Tatsächlich steigt die Zahl der Münchner mit bisher fremdem Pass, die sich einbürgern lassen. Nachdem die Nachfrage nach der deutschen Staatsbürgerschaft zuvor zurückgangen war, haben sich 2009 wieder deutlich mehr Menschen durch die Einbürgerungsprozeduren gezwängt als im Jahr davor.

2803 bisher nichtdeutsche Münchner wurden Deutsche, 2008 waren es nur 2080. 3000 Anträge auf die Staatsbürgerschaft gingen 2009 beim Kreisverwaltungsreferat ein, 600 mehr als im Jahr davor.

Und in diesem Jahr hat sich der Trend beschleunigt: Im Januar und Februar haben 547 Münchner Einbürgerungsanträge gestellt, 466 erhielten ihre Staatsbürgerschaftsurkunde. Mehr als jeder dritte Münchner hat einen so genannten Migrationshintergrund. "Multikulturelles Zusammenleben ist nicht gescheitert", sagt der OB, "sondern eine ständige Aufgabe für die Stadtgesellschaft."

Was die neue Staatsbürgerschaft für die Eingebürgerten bedeutet, haben sie ins Gästebuch geschrieben: "Danke, Deutschland, dafür, wie du uns geholfen hast", steht da. Und gleich mehrmals: "Ich bin froh, ein Deutscher zu sein." Einer hat stolz hinzugefügt: "Ich bin froh, ein Afro-Deutscher zu sein."

© SZ vom 22.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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