Neujahrsempfang:Platz für Mitbestimmung

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Empfang im Rathaus: Münchens Schüler wollen mehr mitreden. (Foto: Stephan Rumpf)

Münchner Schülervertreter formulieren Wünsche an die Stadt

Von Melanie Staudinger

Anela zögert nicht lange. Digitalisierung, das ist aus ihrer Sicht das größte Problem an Schulen. "Alle sprechen immer vom digitalen Klassenzimmer, aber in der Realität gibt es das doch kaum", sagt die Schülerin des Werner-von-Siemens-Gymnasiums. Klar, es gebe schon interaktive Whiteboards an ihrer Schule. Doch die würden kaum genutzt, weil sie schlicht schlecht funktionierten. "Man setzt den Stift oben an und er schreibt unten", berichtet die 18-Jährige. Sie hat viele Beispiele parat, wo es hakt. Aus gesundheitlichen Gründen schreibe sie im Unterricht gerade am Laptop mit. Ausdrucken aber könne sie nichts. PDF-Dateien würden nicht erkannt, die Schuldrucker streikten bei externen Laptops. "Und einen Online-Vertretungsplan haben wir auch nicht, obwohl wir ein Konzept dazu entwickelt haben."

Mehr als 300 Schülersprecher aus den weiterführenden Schulen sind am Freitagabend zum Neujahrsempfang des Münchner Schülerbüros ins Rathaus gekommen. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind sich einig: Schüler und ihre Belange müssten endlich ernster genommen werden. Diese Forderung wollten sie eigentlich an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) herantragen, doch der sagte ab und ließ sich von Stadträtin Gabriele Neff vertreten. Das Hauptanliegen ist ein Haus für Schüler, in dem sie sich treffen, Projekte besprechen und Seminare abhalten könnten. Seit langem schon fordern die Schülervertreter solche Räume. Doch bisher ist es der Stadt nicht gelungen, einen geeigneten Standort zu finden. Immerhin habe das Baureferat nun einen Makler eingeschaltet - nach drei Jahren Suche.

Auch abseits eines Hauses für Schüler hätten die Jugendlichen eine Menge Ideen. Die 19-jährige Gloria von der Berufsschule für Informationstechnik an der Riesstraße würde sich im Berufsschulalltag mehr Zeit wünschen, damit Schüler sich treffen und Projekte verwirklichen können. Doch bei Blockunterricht und der parallel laufenden beruflichen Ausbildung sei das kaum möglich. Der zwölfjährige Jaser vom Gymnasium München-Nord hätte gerne eine engere Verbindung zwischen Lehrern und Schülern. "Die Lehrer sollten mehr mit den Kindern sprechen", sagt er. Dafür fehle oft die Zeit und die Klassen seien zu groß.

"Ich fände es schön, wenn die Schule mehr Wissen über unsere Ernährung vermitteln würden", sagt Sophia vom Oskar-von-Miller-Gymnasium. Damit meine sie nicht, dass alle gleich Hauswirtschaft als Fach haben müssten. "Aber man kann doch zum Beispiel in Geografie auch lernen, wo das Essen herkommt", sagt die Elftklässlerin. Fennet vom Dante-Gymnasium wäre gerne mehr in Entscheidungsprozesse eingebunden. "Man braucht sich doch nicht wundern, dass eine Politikverdrossenheit entsteht, wenn Schüler ihr Schulleben lang nur vermittelt bekommen, dass eh niemand auf sie hört", sagt sie. Mehr als 120 000 Schüler leben in der Stadt. Und die wollen sich in den politischen Prozess einbringen, wenn man sie lässt.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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