Neues Internetportal:Schöner und schneller

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Fast sechs Millionen Euro hat die städtische Seite zur Vergabe von Sozialwohnungen gekostet

Von Anna Hoben

Wer sich bei der Stadt um eine geförderte Wohnung bewirbt, kann dies künftig online tun, auf einem Portal mit dem klingenden Namen Sowon. Die Abkürzung steht für "Soziales Wohnen online", die Plattform soll eine Art Immobilienscout24 für eben jenen Bereich sein, "nur schöner", sagt Thomas Klimm vom Amt für Wohnen und Migration im Sozialreferat. In den kommenden Tagen werden alle Haushalte, die eine gültige Registrierung haben, über die Plattform informiert; die Zugangsdaten liegen der Post gleich bei. Ab Donnerstag können sich die Wohnungssuchenden dann für Angebote bewerben.

Die Stadt erhofft sich von dem neuen Portal, dass die Vergabe künftig unkomplizierter und schneller vonstatten gehen wird. "Das ist ein Paradigmenwechsel, den wir für gut und richtig halten", sagt Sozialreferentin Dorothee Schiwy. Bislang hätten die Suchenden Anträge stellen müssen, hätten nicht gewusst, wann sie Antwort bekommen und seien dann oftmals auch noch unzufrieden mit den Vorschlägen vom Amt gewesen, weil sie einen anderen Stadtteil bevorzugten.

Rund 3000 geförderte Wohnungen vergibt die Stadt pro Jahr. Bisher mit einem "völlig veralteten System", sagt Wohnungsamtsleiter Rudolf Stummvoll. "Wir mussten bis zu 20 Vorschläge machen, bevor eine Wohnung tatsächlich vergeben wurde." Und das in Zeiten, in denen das Amt ohnehin überlastet ist. Erst im Frühjahr hatte die Dienststelle des Wohnungsamtes für drei Wochen schließen müssen, weil sich bei der Vergabe von Sozialwohnungen ein Rückstand von 6300 Anträgen angehäuft hatte. Jetzt, so Stummvoll, laufe es für die Förderungsberechtigten genauso wie für alle anderen auch: "Sie müssen sich aktiv kümmern." Mit der neuen Onlinevergabe sei München deutschlandweit Vorreiter. Die Stadt hofft nun, dass das Modell Schule macht und Städte wie Hamburg oder Berlin bald Interesse am Münchner Modell zeigen.

Das Amt, so drückt es Sozialreferentin Schiwy aus, positioniere sich mit Sowon als "serviceorientierter Dienstleister". Um aus einer Idee - die ersten Pläne sind sechseinhalb Jahre alt - eine benutzerfreundliche Plattform zu machen, war das Sozialreferat selbst auf Dienstleistungen angewiesen. Und die waren alles andere als günstig: Satte 5,7 Millionen Euro hat die Entwicklung des Portals gekostet. Die Stadt hat dafür mit zwei Firmen zusammengearbeitet, mit dem Dortmunder IT-Dienstleister Adesso und mit dem Stuttgarter Unternehmen Gebit Solutions.

Und so funktioniert die Vergabe für den Suchenden: Mit einem Mausklick kann er sich eine Reihe von passenden Wohnungen anzeigen lassen. Mietpreis und Anzahl der Zimmer stimmen. Mithilfe einer Filterfunktion kann die Suche verfeinert werden, nach Lage, Stadtteil, Quadratmeterzahl, Etage und dem Datum der Verfügbarkeit. Es ist aber auch möglich, nur nach solchen Wohnungen zu suchen, bei denen die Nachfrage noch nicht so hoch ist. Bei Interesse an einer Wohnung kann der Klient weiterklicken und erhält Details: zur Umgebung, zu den Kosten, zur Ausstattung oder zur Barrierefreiheit. Außerdem kann er sich den Grundriss und Bilder von der Wohnung anschauen - wie auf einem normalen Immobilienportal eben.

Dass die Onlinevergabe einen Teil der Suchenden ausgrenzen könnte, das glaubt Sozialreferentin Dorothee Schiwy nicht. Auch sozial Schwache setzten ihre Prioritäten zumeist so, dass sie Internet zur Verfügung hätten. Und wer gar nicht zurechtkomme, ältere Menschen etwa, könnten sich immer noch an einem Serviceterminal im Amt von einem städtischen Mitarbeiter helfen lassen. Es sei auch denkbar, dass man die Angebote irgendwann in mehrere Sprachen übersetzen lasse, für ausländische Münchner, die schlecht Deutsch sprechen. Noch ist das aber Zukunftsmusik.

Zwei Wochen sollen die Angebote jeweils online stehen, bevor sie vergeben werden. In dieser Zeit kann ein Interessent sich so oft bewerben und seine Bewerbung auch wieder zurückziehen, wie er will. Es können immer nur höchstens drei Bewerbungen abgegeben werden. Wer sich als Erster für eine Wohnung gemeldet hat, spielt keine Rolle. Nach zwei Wochen entscheidet das Amt und verschickt Vorschläge an die fünf Bewerber mit der höchsten Dringlichkeit. Nach der Besichtigung entscheidet der Vermieter.

Das ist in den allermeisten Fällen eine der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG. "Ich bin ganz sicher, dass Sowon ein Erfolgsmodell wird", sagt Gewofag-Chef Klaus-Michael Dengler. Und auch sein GWG-Kollege Dietmar Bock ist überzeugt: "In Zukunft werden bei uns nur noch diejenigen landen, die eine Wohnung auch wirklich haben wollen." Etwa 100 GWG-Wohnungen werden künftig laut Bock zeitgleich auf der Plattform zu sehen sein. Bei der Gewofag, die einen größeren Bestand hat, dürften es etwas mehr sein. Man wolle aber auch überlegen, wie man in Zukunft andere Vermieter dazu bringen könne, Angebote auf Sowon einzustellen, sagt Wohnungsamtsleiter Stummvoll.

© SZ vom 15.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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