Neue Tour:Die hässlichen Seiten der Stadt

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Der Künstler Eugene Quinn bietet schon länger alternative Stadtführungen durch Wien an. Nun will er auch den Münchnern neue Perspektiven eröffnen - er hat auf Anhieb viele langweilige Gebäude und Straßen entdeckt

Von Thomas Anlauf

München ist, das meinen viele Münchner, die schönste Stadt der Republik, wenn nicht gar Europas oder der ganzen Welt. Und die Welt scheint München zu lieben: Seit Jahren vermeldet die Stadt Rekorde bei den Besucherzahlen, allein im ersten Halbjahr wurden 6,5 Millionen Übernachtungen gezählt. Doch ist München wirklich eine uneingeschränkte Schönheit? Ausgerechnet ein in Wien lebender Brite will nun den Münchnern die hässlichen Seiten ihrer Stadt zeigen. Die "Munich ugly"-Tour am 8. September hat die Münchner Umweltorganisation Green City organisiert. Sie will mit der etwas anderen Stadtführung eine Debatte über den öffentlichen Raum und Stadtplanung in München anstoßen.

Green City hatte ihre Mitglieder nach den hässlichsten Orten oder Gebäuden Münchens befragt. Das Ergebnis ist erstaunlich: So wurden außer dem Hauptbahnhof vor allem stark befahrene Hauptverkehrsstraßen oder Plätze aufgelistet: der Ratzingerplatz, der Leuchtenbergring, der Candidplatz und die Chiemgaustraße. Auch eine Facebook-Umfrage der Süddeutschen Zeitung kommt zu ähnlichen Ergebnissen: So werden der Romanplatz und das Gebiet rund um den Hauptbahnhof als hässlich empfunden, auch die Paul-Heyse- und die Laimer Unterführung sowie Neubaugebiete wie der Arnulfpark oder Schwabing Nord.

In Wien bietet der Journalist und Künstler Eugene Quinn seit geraumer Zeit alternative Stadtführungen zu seiner Ansicht nach hässlichen Orten an. Dort sind es vor allem Gebäude, die er den Teilnehmern an seiner "Ugly-Tour" vor Augen führt. Quinn unterscheidet dabei zwischen hässlicher und langweiliger Architektur. "Hässlich ist, wenn man es versucht, aber versagt hat", sagt der gebürtige Londoner, der kürzlich erstmals in München war, um sich ein Bild von der Stadt zu machen. Dabei stellte er fest, dass seiner Meinung nach viele Gebäude und Straßen vor allem langweilig oder belanglos sind. "Die Lindwurmstraße zum Beispiel ist sehr langweilig, man findet hier nichts."

Die Führungen von Quinn sollen in erster Linie unterhalten, aber auch nachdenklich machen. So findet er, "dass Architekten eine soziale Verantwortung haben. Gebäude stehen im öffentlichen Raum und werden von Menschen gesehen". Manche Häuser in München hält er zwar äußerlich für gelungen, aber sie seien "sozial hässlich" wie der Luxuswohnturm "The Seven" an der Müllerstraße, findet Quinn. Für Sebastian Huber von Green City, der den Wahlwiener für eine Ugly-Tour am 8. September nach München holt (Anmeldung unter huber@greencity-projekt.de), ist es auch "ein politisches Statement, ob eine Stadt langweilig oder vorsichtig bauen lässt". Insbesondere einige Neubauviertel sind für ihn ein Ausdruck dessen, dass München "nur nicht auffallen" will.

In der Altstadt gelten ohnehin strenge Regeln, wie ein Neubau auszusehen hat, damit er das Ensemble der historischen Gebäude nicht allzu sehr stört. Vor drei Jahren erregte die neue Fassade des Pschorr-Hauses an der Neuhauser Straße Aufsehen, weil die gefaltete gläserne Front nach Ansicht der Stadtgestaltungskommission zu sehr spiegelte. Die Bayerische Hausbau musste das Gebäude dann umbauen.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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